Juni, Dreizehn, Sieben

13.29

Die textverschwendung eindämmen, das inflationäre bloggen einstellen. Mich weniger für das weblog interessieren, schlagzahl verringern, etwas in diese richtung tun. womöglich keine grösseren textkörper mehr einstellen, nur noch die entstehung dokumentieren, etwas in diese richtung überlegen, mich mehr um ein „tatsächliches“ publikum kümmern, menschen mit intelligenz ausfindig machen, andere menschen, die nicht dem mainstream angehören.
Ich fürchte, der zeitgeist hat das alles erledigt. Es sieht beinahe so aus, als besäßen die gesuchten niemals internet. Das allein ist tragisch genug. Diejenigen, die nicht vernetzt sind, sind jedoch nicht diejenigen, die ich suche, denn ich suche nicht, ich stehe ausschließlich hier herum und denke voller ekel an die welt. Dann auch wieder nicht. Es müsste einem scheißegal werden, keine andere alternative. Vermutlich habe ich schlecht geschlafen.
Und wieder Adam. Soll ich ihn wirklich im Podcast verpulvern? Antwort: aber ja, wenn das der erste schritt in die egalität ist, dass es nämlich nichts bedeutet, ihn geschrieben zu haben, ihn vertont zu haben, dass es eben nichts bedeutet, mit ihm sonstwas anzustellen, dass man nämlich denkt, es ist noch platz zu verfügung und platz zu haben, bedeutet immer, etwas zu verramschen. Möglicherweise wäre darüber nachzudenken, den ramsch an sich zu kultivieren, möglicherweise sollte man auch nur zum Schierling greifen. Die zweitbeste lösung. Die beste wäre: gar nicht geboren zu sein. Silen.

14.55

Wie Adam sich daran erinnert, dass sie das Zimmer verlassen und er ihr voller Inbrunst seine Gedanken widmet, wie Adam also beweist, daß er eine unsichtbare begleiterin hat und an einem sehr alten bahnhof einem zugpassagier begegnet und wie ihm dann der spuk eines tragischen pärchens zu gesicht kommt, wie Adam mit dem zugpassagier spricht und dieser ihm absonderliches erklärt, Adam mit dem bus fahren will und von einer dame mit einem lattenrost dazu inspiriert wird, sich nach seiner tür zu sehnen, wie Adam schließlich dem traumvolk in einem theater begegnet, sich an Paris erinnert und von Babylon schwärmt.

16.03

Es beginnt stets reizvoll der tag. Man erwacht und hört die vögel und sieht nach den blumen, die jetzt allmählich ihre blüten zeigen und man trinkt den ersten kaffee und man hört die musik durch lichte räume schallen und denkt, man wäre in der welt. Aber man ist nicht einmal ein teil von ihr. Am anderen menschen können wir all unsere zweifel austragen, der welt ist das egal.

21.48

Zur klärung der perversion: Grass wurde durch den Nobelpreis zumindest psychologisch auf die stufe von Marquez, Asturias, Paz, Neruda, Faulkner oder auch Pinter gehoben. hätte er ihn nicht bekommen, stünde er, wiederum psychologisch, auf der stufe von Borges, Cortàzar, Joyce, Kafka, Proust… ich will damit sagen, einer menge mehr. Die Nobelpreisträger muss man betrachten wie die im krieg gefallenen.

Veröffentlicht von

Michael Perkampus

Michael Perkampus war Moderator der Literatursendung Seitenwind für Radio Stadtfilter in Winterthur. Er ist Autor, Übersetzer und Herausgeber des Phantastikon.