Ich bin gekommen, und morgen werde ich erschöpft in deinem Auto sitzen, um durch die Champagne zu mäandern.
Heute gelingt es mir nicht mehr, über Bert nachzudenken, ohne seine Flammen auch auf Madeleine zu beziehen. Das Feuer stand im Mittelpunkt meiner ersten Reise nach Paris, über das ich nichts wußte, außer: wer Paris nie gesehen hat, ist niemand, der meine Aufmerksamkeit verdient, ihm fehlt die Leidenschaft, die uns zusammenbringen könnte.
Unsere Romantiker waren nicht so gut auf die französische Metropole zu sprechen. In seiner “Reise nach Frankreich” notiert Friedrich Schlegel:
In Paris findet man alles für die Sinnlichkeit, aber nichts für die Phantasie.
Verwundern darf das nicht; auch nicht, daß Kleist etwas Ästhetisches vermerkt, denn in der Großstadt zeigten sich anscheinend Entfremdung und psycho- wie soziopathische Zustände des modernen Menschen und seiner zweiten, von der Zivilisation deformierten Natur, besonders kraß.
Die Gasbeleuchtung gab es erst am 1817, die Boulevards waren ebenfalls noch nicht erbaut. Haußmann hatte das geniale Paris noch nicht geschaffen.
Was Kleist, Tieck und Eichendorff jedoch als Gemeinplatz in ihre Schriften einfließen ließen, war ja nicht zuletzt die Klage gegen die vorgefundene Dominanz des kalten Verstandes über die Empfindungen.
Eine Parallele zu heute hieße: vor lauter Pornographie entdecken wir den Körper nicht mehr. Wir fühlen uns frei, nach Herzenslust zu kopulieren – jeder Körper ist austauschbar. Doch unter dem Schein dieser angeblichen Freiheit ist die Sinnlichkeit gänzlich abwesend und die Unzufriedenheit nimmt gefährliche Züge an. In meiner eigenen Freiheit fand ich die Suche wieder. Sie war ein Treiben-Lassen, ich war jung und wunderlich, durch keine Erziehung beschämt, begriff den Sinn als Ordnung, die ich verstehen konnte: das Universum, die Natur – hält sich nicht mit unserem Verständnis auf, reagiert aber auf unsere Vorstellung von Welt und Zusammenhang. Daher war mir nicht auszuschließen, daß es eine Epoche der Zauberei gegeben hatte. Die Zauberei: was wären wir unter anderen Bedingungen? Warum habe ich erlebt, was ich erlebt habe? Ich habe es mit anderen erlebt, aber sie erlebten alles für sich, doch in meiner Vorstellung gab es diese Trennung nicht. In meiner Vorstellung erging es Madeleine wie mir. Deshalb zogen wir uns an.