Aus dem Aufenthaltsraum
(A02 zu E04)
Mein Lieber,
Ich erwarte die Pause mit grosser Ungeduld, um Dir zu schreiben. Um Dir von uns zu berichten und dem Kommenden. Ich muss diesen Zeit- als Ausgangspunkt nehmen, denn nichts ist fest hier und nichts woran ich mich klammern könnte. Immer noch auf der Suche nach Dir, ist diese endlich genommen und jene begonnen, alles andere eine Frage der Zeit. Alles andere ein Irrtum. Wäre nicht dieser Ort, wäre es nur ein Wandern ins Blaue. Eine Bewegung ohne Karte. Vektorielle Verschiebung. Planlosigkeit. Bist Du schon daran? Hast Du schon Skizzen gemacht? Bitte bedenke: Ohne Kartenwerk sind wir verloren und ohne einander kann kein solches entstehen. Ziehen wir einzeln eine Linie auf dem Papier, kreuzen wir uns vielleicht oder nie und über die kleinen Kästchen beginnen wir mit und bei uns selbst. Ohne einander. Landen wir Irgendwo. Für eine Linie braucht es immer zwei, wie Du weißt. Wie Du weißt, will es dafür höchstens zwei, also lass uns beginnen. Wir Karthographen.
Ein unbekannter Kollege hatte Geburtstag. Ein netter Brauch ist es, den anderen Gebäck, Kuchen oder Deftigeres in den Aufenthaltsraum zu stellen und diese zu grüssen. Gerade esse ich ein Stückchen Schwarzwälder Torte. Wer diese kredenzt hat? Ich weiss es nicht. Nur ein Gruss und ein Kürzel steht auf der Karte, die neben dem Geschirr ausgelegt wurde. Auf der Rückseite ein Aquarell mit der Silhouette einer kleinen Stadt. Am Kirchturm wäre sie vielleicht zu bestimmen. Kein weiterer Text. Und das Kürzel: ich werde mich umhören müssen, zu wem es gehören mag und mich bedanken. Möglicherweise gibt es ein Verzeichnis mit allen Kollegenkürzeln und ihren zugehörigen Namen. Du musst verzeihen, ich bin heute etwas zerstreut. Die Pausen. Die Zerstreuungen. Es ist, als würde das darin Gedachte immer seine Haltung verlieren. Sich aus mir herauslösen und eigene Wege einschlagen. Vielleicht ergeht es Dir ähnlich? Vielleicht hast Du ähnliche Mühe bei der Sache zu bleiben? Diese Grenzen. Man muss vielleicht froh sein, dass es sie gibt. Wer will immer nur Torte essen? Wer will immer nur suchen, nach dem, der sie stiftet? Der Kaffee ist miserabel. Ich muss mir danach immer den Mund ausspülen. Aber trinken muss ich ihn doch. Das Blut soll dünn bleiben, sonst verstopft es die Adern. In einem Glas Wasser löse ich eine Tablette auf. Und schütte es nach. Bleiben wir weiter in Bewegung. Bleiben wir auf bald,
A.