Hauchen Sie mich mal an / A1S3(2)
(D8)
AUTOMATENSTIMME: Durchsage 412.
WEBER: Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Begrüssen Sie bitte mit mir Herrn Oliver Livetti als neuen Systemkoordinator, Fachbereich Netzwerke und Datenbanken. Sie alle haben vermutlich schon die Bekanntschaft mit Herrn Livetti gemacht, als er in den letzten Jahren, allerdings in einer anderen Abteilung für uns tätig war. Herr Livetti hat sich als zuverlässiger und kompetenter Mitarbeiter erwiesen. Seine Personalkarte finden Sie wie immer im Intranet. (Lautsprecherknacksen)
AUTOMATENSTIMME: Ende der Durchsage.
AUTOMATENSTIMME: Durchsage 413.
WEBER: Ähem, Frau Flugs bitte zu mir ins Sitzungszimmer der Direktion.
AUTOMATENSTIMME: Ende der Durchsage.
AUTOMATENSTIMME: Durchsage 414.
WEBER: Äh. Danke
AUTOMATENSTIMME: Ende der Durchsage.
R1
Käs, Sachwitz, Flitz. Immer noch kauend. Kopfschüttelnd. Sachwitz etwas abseits vor ihrem Computer.
FLITZ: Immer die Flugs. Wieso immer die Flugs? Die Flugs hier. Und die Flugs da. Ich dagegen bekomme von Weber gar nichts zu sehen. Dafür tonnenweise Papier in mein Postfach. Um nicht zu sagen: Bytes. Bis heute abend dies. Bis heute abend das. Danke.
KÄS: Ein klassisches Sprachproblem denke ich, mein Lieber. Sie müssen mit ihm in Berührung kommen. Sie müssen sich von ihm berühren lassen. Sprechen Sie mir mal nach: Entwicklungspotential. Sagen Sie: Entscheidungsgrundlagen. Hauchen Sie es.
Werden Sie: Projektbereichscogruppenleiter. Definieren Sie doch mal Ihr Aufgabenspektrum. Tun Sie das nicht nur. Teilen Sie das auch mal mit. Geizen Sie nicht mit Ihren Führungsinstrumenten. Zeigen Sie doch mal etwas Marktnähe. Quantifizieren Sie eine Input-Output-Relation. Sagen Sie ja nicht Relation. Sagen Sie: Rihleischen. Entwickeln Sie möglichst kostengünstige und vor allem: Neue Qualitätsstandards. Hauchen Sie mich an. Flüstern Sie mir ins Ohr: Dynamischer Stellenpool.
FLITZ: Käs! Haben Sie getrunken? Wir sind uns doch hoffentlich einig: Hier gehts vor allem noch um Bücher.
KÄS: Das sagen Sie. Hier gehts vor allem um Logistik. Und das Reden darüber.
SACHWITZ (verdreht währenddessen die Augen, beisst vom Brot ab, schlürft Kakao): Logik und Logistik. Haha. Hört Euch lieber mal das an. Aus dem Newsletter der Abteilung BL. (Zitierend🙂 Yoghurt vermisst. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Heute habe ich einen Yoghurt, der mit meinem Kürzel versehen war, in den Kühlschrank im Aufenthaltsraum 2 gestellt. Als ich um viertel vor Vier mich an meine Brotzeit machen wollte, war er nicht mehr da. Die Person, die einen so plötzlichen Heisshunger verspürte, soll sich doch bitte bei mir melden. Ich fände es sehr nett, wenn man mich vorher fragen würde, bevor man sich über meine Vorräte hermacht. Mit freundlichen Grüsse. Undsoweiter.
KÄS: Wer schreibt denn so was? Und das soll ein Newsletter sein?
SACHWITZ: Lesen Sie selbst. Oder das hier: Schlüsselfund auf der Damentoilette.
FLITZ: Aufhören! Danke, das reicht.
SACHWITZ: Oder: Bücherwagen vermisst. Oder: Abschlussfotos des Abschlussfestes jetzt im Intranet. Oder:
KÄS: Jetzt ist aber gut. Das ist ja furchtbar.
SACHWITZ: Das und noch viel mehr im mittlerweile fünften Newsletter der Abteilung BL. Und Sie? Wie viele haben Sie geschrieben?