Es ist kurz vor 12. Zwei hervorstehende Schulterblätter, fast im Bildmittelpunkt, Schwerpunkt, schenken dem Rücken Schatten, die Schultern, weisser Marmor, der rechte Arm, vom Körper abgewinkelt, führt eine Nadel – ein Faden ist nicht zu sehen. Das Kleid – aus der Ferne blütenweiss – wird zu lichtem Hellblau, beim Herantreten, also die Frage, ob es nicht eine Braut sei, die an ihrem Hochzeitskleid arbeitete, denn, wie oft gemutmasst, eine Tänzerin in einem New Yorker Interieur.
If I should tell him?
Ihr langes, dunkelbraunes Haar fällt auf ihre Brüste, ihren Bauch, doch das ist nur zu erahnen, denn sie ist lediglich von hinten zu sehen. Links hinter ihr, vor mir, ein Stück Stoff, samtrot, blutrot, vielleicht Symbol noch zu vergiessenden Blutes, zur Rechten ein dunkler Damenhut. Aufbruchstimmung? Heimkehr? Ein Teil eines Ofens ist zu sehen, nicht aber ein Feuer darin. Ausgegangen? Noch nicht entfacht? Unnötig? Wurde es je entzündet? Dekoration? Darüber auf der Anrichte eine Uhr, die die besagte Zeit angibt, nicht zu erkennen, ob Morgens oder Abends, daneben: ein Bild. Ein Porträt mit erloschenem Inhalt. Die Gestalt, das Mädchen sitzt auf dem Bett, mir mit dem Rücken zugewandt, vor ihr eine Türe, die auch ein schwerer Vorhang sein könnte. Schwelle, so oder so.
I hope he gets the job
Ihr Blick ist – allem Anschein nach – nach unten gerichtet. Auf ihren Schoss. Auf eine Stelle des Kleides, die noch einer Nachbesserung bedarf. Ihr linker Arm fixiert diese Stelle – ruhig. Über den Unterarm fällt langes Haar. Ein grösseres Porträtbild ist links neben der Tür zu erkennen: Halbiertes Gesicht eines jungen Mannes mit dunklen Koteletten. Bräutigam? Der Brautvater in jungen Jahren? Ein Verwandter?
No, I don`t mind, I don`t mind
Sie schaut nicht auf dieses Bild, ist sich in diesem Augenblick nicht dieses Bildes bewusst, ist auf ihre Arbeit konzentriert, auf sich konzentriert. Braun, Olivgrün, sattes Rot, Schwarz, Weiss und helles Blau, die Reihenfolge der dominierende Farben. Irritierend die dunkle Säule am linken Bildrand. Türrahmen? Fensterrahmen? Auf jedenfall Hinweis auf den Standpunkt des voyeuristischen Betrachters. Ein Beobachter (eine Beobachterin?), der fasziniert ist von diesem blanken, makellosen Rücken. Das Mädchen? Die Tänzerin? Schwerpunkt: der Rücken. Die Braut? Bekommt von diesen Blicken nichts mit, oder will davon nichts wissen. Sie ist beschäftigt und vergisst die Zeit. Sie ist Mittelpunkt des Bildes. Ihr Rücken – Schwerpunkt. Sie – in ihrer Mitte.
I don`t mind
Es ist kurz vor 12.