Die Vermayröckerung von Text (notula nova 78)

Joggen: Bewegung gewordene Hysterie. (Ich suchte nach Menschen und fand Konsumenten.)

Und: “Das verkorkste Leben des Weihnachtsbombers.”

Und: das Postamt wird schliessen. Ein trauriger Akt, handelt es sich doch nicht um irgendein zu schliessendes Postamt. (Die Grundversorgung materieller Kuriere bleibt derweil in CH sichergestellt. Man packt Pakete nicht mehr in Papier ein. Man zippt sie und entledigt sich ihrer sofort und geräuschlos.) Es handelte sich um das einzige in Kangerlussuaq. Dort geht man den umgekehrten Weg. Setzt wieder auf Papier. Legt den Schalter um. Macht andere auf. Das ist schade, denn die Versendungen waren einmalig in ihrer Multiplizität, und nicht ihr Transportweg das Problem. Oder die Verschnürung von Idee, will sagen: ihr Medium, Austräger. Hoffentlich werden in diesem Prozess noch die richtigen Haushalte erreicht. Aber ja: Haushalten mit der Zeit. Mit Energien. Irgendwo kann mans auch nachvollziehen … trotzdem … Merci.)

Und, apropos Motorradheld: Warum die zunehmende sz-isierung von Text? Die Vermayröckerung von Text? Warum ist dies zunehmend wieder attraktiv, wie man beobachtet. Man sucht nach Theorien. Es muss da wohl noch etwas anderes geben, als das Zitat einer maroden Hardware. Man denkt in Strukturalismen. An Differenzen, die es im Gesagten nicht gibt. Aber darum geht es hier wohl eher nicht …

(Überhaupt: dasz früher alles besser war, hängt auch mit der hiesigen Kulturtechnik inszenierter Gruppen- und Einzelphotographie zusammen. Alles Lachen, Lächeln fotogenisiert sich darauf und fokussiert auf die Existenz von Person, Technik und Erinnerung in Einheit. Alleiniger Grund für diese Ontik scheint aber nicht die Befindlichkeit der Abgelichteten, sondern eine Feier der seienden Technik mit der Darstellungstechnik feiernden Seins.)

Überhaupt: ist die Aufgabe eines Verlages (entgegen oft zitierter etymologischer Halbwahrheiten) in erster Linie das Verlegen von Ideen. Medien und mediale Differenz als Vehikel bzw. Instrument dieser Aufgabe, sind nur sekundäres, zu vernachlässigendes Begleitwerk, das sich aber zunehmend als Begleitidee in den Vordergrund geschoben hat. Weitere Aufgabe des Verlages ist es, ermöglichte Ideen miteinander ins Spiel zu bringen. Völlig absurd ist es, dies nur als Leibgewordenes in einem Regal mit jew. spez. Ordnung oder als Liste flexibler Metadatenentities zu denken. Der hybride Verlag ist eine cloudgewordene Idee der Ideen. Solche Wolken sind wiederum und immer erneut und vorübergehend zu strukturieren. Zu erfassen und zu benennen. Solchen Wolken sind Namen zu geben (> Nephologie).

Und: schon wieder kein Neuschnee. (Und: schon wieder die Frage, wann sich ein Primärtext in eine Quelle transformiert.)