(Ex humo)
[Einen Dichter exhumieren. Ausgraben. Einen grossen Spaten nehmen. Eine geeignete Stelle finden und sie markieren. Ein kleines Rund freilegen vom Gras, das Graswurzelwerk untersuchen, war da schon jemand? Einen ersten Stich machen – Probebohrung. Einen Zweiten, ins feuchte Erdreich. Der Körper erhitzt sich und sucht einen Rhythmus, bald Zentimeter unter der Erde, bald einen halben Meter, das Loch wird grösser, weitet sich, franst an den Rändern aus. Neben dem Loch entsteht ein Haufen, ein kleiner Berg. Erde, Lebewesen, Schutt und Abfall vergangener Tage. Wurzeln, Papierfetzen, Hausrat. Dann Zweifel. Ist das die richtige Stelle? Oder vielleicht wenige Meter daneben. Keine Karte, keine Spur vorhanden ausser einem Verdacht, einem vagen Hinweis – das geht durch den Kopf, während der Grabung. Die Blicke. Beobachtet da jemand? Möchte da jemand den Eingriff untersagen. Mit einem Lachen demoralisieren. Nach einem Meter vielleicht auf eine Stelle deuten, wo schon einmal gegraben wurde, wo man fündig wurde, nicht viel wurde da gefunden, aber immerhin, Beweis genug, dass diese Stelle falsch sei. Unterbrechungen. Eine kleine Mahlzeit und viel Wasser. Immer wieder Wasser. Das Wetter droht umzuschlagen, zeichnet Wolken am Himmel. Woher diese Energie? Woher der Wunsch, Traum, die Überzeugung. Der Spaten gewinnt an Gewicht, die Beine, die Stiefel und dicke, dunkle Schollen daran. An den Ränder muss nachgehoben werden, um nicht eine umgekehrte Pyramide, einen spitzen Quader in den Boden zu hauen, um an Tiefe zu gewinnen, ein sauberes Relief zu feilen, ein Gesicht, eine Nase ins Vergangene zu stecken. Und dann kurz vor der Aufgabe, dem letzten Quantum Zweifel, den sie bewirkt hätte auf etwas hartes stossen. Ungläubig an Wurzeln, Hausrat, Holz denkend, eine andere Symmetrie freilegen. Bögen – einen Brustkorb, einen Schädel. Skelett.
Triumpf. Ein Fund. Lohn der Anstrengung. Ein Etwas, das sein könnte, was man sucht, was immer man suchte. Dann wieder Zweifel. Die Möglichkeit etwas anderes gefunden zu haben, was man gesucht hatte, etwas völlig Unbedeutendes, etwas Unwahrscheinliches. Waren zweieinhalb Meter genug? Was kann ein Gerippe bedeuten? Ein Gerippe, und sonst nichts.“>