Salzkristalle & Trüffelpilze (Auszüge, 03/2011)

Die Entlarvung des Ichs als grammatikalisch gespeiste Fiktion: Wir wollen sparen / Wir wollen Häusle bauen / Wir wollen Kinder haben / Wir wollen eine gute Bildung / Wir wollen etwas Gutes tun / Wir wollen das Land verteidigen / Wir wollen die Welt wissen lassen, wer wir sind / wir wollen … / Und wissen vor lauter Wollen nicht mehr, was sie wollen; und suchen Rat bei ganzheitlichem Sackhüpfen, in einem interkontinentalen Besinnungslager, im Publikum einer Fachmesse für selbststrangulierende Nirwana-Technik, bei einem Kongress zum Problem frühsexualisierter Computer oder beim Unterwasser-Training zur Sensibilisierung philosophierender Goldleberflecken bzw. herumstreunender Zahnschmelzfußballmannschaften. Voll gefangen im Perpetuum absurrdumm.

Es ist nicht ausgeschlossen, zwischen dem einen Satz und dem nächsten – glücklich zu sein!

Pfüeti, min Tochter, du musst nicht in den Krieg. Dein Brueder schon, sonst ist er kein Mann. Isst keinen Mann. Vergewaltigt Frauen. Pfüeti. Pfüeti. Pfui Teufel. Wenn nur die Russn nicht kommen, oder die Chinesen, die sollen auf weiße Frauen stehen. Und sie dann legen. Flach. Pfüeti.

Erst seit einigen Jahrzehnten nach der Aufklärung ist es evident, dass es auf Erden nie wirklich besser werden wird. Und erst seit damals konnte der Roman zu der Makellosigkeit streben, die ihn weit über die Realität stellt. Denn erst seit damals muss man zwangsläufig in ihm und durch ihn versuchen, Perfektion wenigstens dort herzustellen. (Und wird die Welt nicht dadurch doch besser?)

Einer, der sich immer nur auf das Ticken der Uhr(en) konzentriert, sich manisch darauf konzentrieren muss und wahnsinnig wird: »Hören Sie es nicht, Herr Doktor, Sie hören es doch? Es tickt … – es tickt die ganze Zeit; es/sie will mir etwas sagen … «

Ein Hyper-Exakter: so einer, der die Nachricht erst durchstreicht, bevor er sie ausradiert.

Gott ›leugnen‹ darf jederfrau und jedermann. Gegen die Religionen polemisieren aber stellt die gesellschaftlichen Strukturen in Frage.

In einem freien Europa müsste es den Bürgern freigestellt sein, welchen Körperteil sie für einen Ausweis fotografieren lassen möchten. Der Vergleich von Köpfen setzt sowieso überholte Prioritäten. Kleider, Brüste und Schwänze sind längst wichtiger.

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