Ich gebe es zu, demTitel "Die geheimen Fragen der Personalberater" konnte ich mich nicht entziehen. Und auch die wohlwollende Rezension von Rolf Dobelli bewog mich letztendlich zum Kauf.
Was bietet das Buch? 122 Seiten im Taschenbuchformat, die schnell gelesen sind.
Los geht es im ersten Kapitel mit allgemeinen Hinweisen zur Entstehungsgeschichte der Personalberater, einer Abbildung der 15 umsatzstärksten Personalberatungen (Kienbaum, Egon Zehnder, Baumann, Heidrick & Struggles usw.).
Im zweiten Kapitel werden Tipps für die Kontaktaufnahme gegeben: Direktkontakt, Beiträge in Fachmagazinen, Teilnahme an Branchenkongressen, XING und LINKEDIN.
Im dritten Kapitel (6 Seiten!) dann kurze Tipps wie die richtige Reaktion beim Anruf des Headhunters am Arbeitsplatz erfolgen sollte.
Im vierten Kapitel (wiederum 6 Seiten) Hinweise für den Umgang mit E-Assessments.
Kapitel fünf (Hauptteil, etwa 50 Seiten) gibt dann Tipps für den ersten persönlichen Kontakt, also das erste Gespräch. Originalton der Autorin hier u.a.: "Anzüge sollten aus 100 Prozent reiner Schurwolle bestehen, nicht aus Polyester. Wer sich für das Gespräch mit dem Personalberater neue Kleidungsstücke kauft, sollte das beachten. Marken sind kein Muss, aber 500 Euro sind nach Meinung professioneller Einkleider nicht zu viel verlangt für einen guten Anzug." Wem diese Tipps helfen, bitte sehr. Es werden glücklicherweise auch typische Fragen bzw. Aufforderungen aufgeführt: "Bitte schildern Sie Ihren Werdegang!", "Ihr größter Erfolg bisher...?", "Warum haben Sie damals die Stelle gewechselt?" und viele weitere. Wie gute Antworten darauf klingen könnten, erfährt man an keiner Stelle.
Im Kapitel sechs endet das Buch dann auch fast schon, es wird beschrieben, wie es nach dem Gespräch weitergeht (10 Seiten lang). Hier geht es aber um das eigentlich genauso wichtige Gespräch beim auftraggebenden Unternehmen, das damit viel zu kurz kommt.
Kapitel sieben "Ausnahmesituation (Management) Audit" schließt dann das Buch ab (15 Seiten).
Was stört mich an dem Büchlein? Auf Seite 8, im Vorwort, werden Versprechungen gemacht, die nicht eingehalten werden. Dort steht wörtlich "Sie erfahren, welche Fragen Headhunter gerne stellen und welche Antworten sie gerne hören..." Es gibt aber im gesamten Buch keine Beispielantworten auf die darin vorgestellten Fragen. Damit wird auch die Schwäche der Autorin deutlich, sie ist Journalistin, aber kein Führungskräftecoach. Dennoch, die ausdrücklich versprochenen Antworten fehlen!
Überaus ärgerlich - und für eine FAZ-Journalistin eigentlich peinlich - wird es dann, wenn es um Management Audits geht. Die werden nämlich fälschlicherweise ausschließlich als Interview beschrieben, wortwörtlich: "Ein M.A. ist ein mehrstündiges Interview...". Das Manager hier regelmäßig mit Fallstudien, Persönlichkeitstests, 360 Grad Feedback (durch Vorgesetzte, Kollegen, Mitarbeiter, Selbsteinschätzung) konfrontiert werden, also typischen Aufgabenstellungen aus Einzel-Assets weiß und erwähnt die Autorin nicht. Dabei hätte sie dies sogar leicht auf wikipedia recherchieren können. Damit lässt die Autorin ihre Management-Leserschaft beim Karriere-Auswahlverfahren schon fast vorsätzlich ins Messer laufen. Das geht gar nicht!
Mein Fazit: Eine Journalistin, die ihr Handwerkszeug nur teilweise beherrscht: Auf den tollen Titel bin ich reingefallen, die Informationen sind teilweise schlichtweg falsch, die versprochenen Antworten fehlen durchgehend. Als wirklich hilfreich für den Umgang mit Personalberatern empfehle ich das von mir parallel erworbene Buch "So gewinnen Führungskräfte im Vorstellungsgespräch" vom Püttjer/Schnierda-Team. Dort geben zwei wirkliche Führungskräfte-Coaches wirkliche Antworten, und zwar 220 überzeugende auf 220 "geheime Fragen" an Manager.