Gespräch mit Mosche Zuckermann

Auf Telepolis gibt es ein bemerkenswertes Gespräch mit Mosche Zuckermann.

Mehrere Aspekte sind besonders interessant. Zum einen glaubt Zuckermann eher an einen Affekt der israelischen politischen Klasse, was den Libanon-Krieg angeht und widerspricht damit der These Hershs von einem lange vorbereiteten Schlag. »Time will tell«.

Desweiteren ist Zuckermanns Widerspruch hinsichtlich der Rubrizierung des (sogenannten) Islamismus als »faschistisch« (oder gar »nationalsozialistisch«) interessant:

Der islamistische Fundamentalismus hat mit Faschismus, betrachtet man die Analysen des Faschismus, die in den 60er Jahren geleistet wurden, gar nichts zu tun. Wenn wir unter Faschismus verstehen, was sich in einer bestimmten Epoche in Italien, Ungarn, Spanien, später dann als Nationalsozialismus in Deutschland in einer radikalisierten Sonderform formierte, so stellt dies etwas ganz anderes dar als die Bewegungen des radikalisierten Islam. Der Islam ist von ganz anderen Momenten angetrieben und hat ganz andere Zielsetzungen. Das hat nichts miteinander zu tun. Man muss schon den Begriff des Faschismus inhaltlich entleeren, um oberflächliche Ähnlichkeiten ausmachen zu können. Will man mit »Islamofaschismus« nur ausdrücken, dass es sich um den Kult einer monolithischen Ideologie handelt? Dann muss man sich aber dennoch mit der Tatsache auseinandersetzen, islamische Fundamentalismus theokratisch ist, während der Faschismus tendenziell nicht- oder auch antireligiös war. Ich halte diesen Begriff für inhaltsleeres Gerede. Natürlich greifen auch einige europäische Linke das gerne auf, denn was wäre gerade für Linke attraktiver, einen Kampf gegen den »Faschismus« führen zu können. Der Primat des Staates, wie er im historischen Faschismus eine Rolle spielte, spielt beispielsweise im islamischen Fundamentalismus eher eine untergeordnete Rolle. Oder die Figur des monolithischen »Volksgenossen« im Nationalsozialismus ist im Islam nicht anzutreffen. Auch die Vorstellung von »Gemeinschaft« ist im Islam ganz anders als das, was im Begriff der »Volksgemeinschaft« anklingt. So kann beispielsweise die Ummah auch im Sinne der Diaspora verstanden werden. Von daher glaube ich, dass dieser Begriff eher polemisch als analytisch gebraucht wird.

Vieles spricht dafür, dass kernige Rubrizierungen, die zur Vereinfachung von komplexen Vorgängen verwendet werden, in der augenblicklichen Situation nicht weiterhelfen – ausser die Fronten zu verfestigen. Sie beruhigen höchstens Empörungsmaschinerien und schaffen nur Pseudo-Gewissheiten.

Dieser Beitrag wurde unter Politik abgelegt und mit , , verschlagwortet. Permalink zum Artikel

Kommentare sind hier derzeit nicht zugelassen.