Highlights Recruiting Convent 2011 (Teil 2)
Den 2. Tag eröffnet Lisa Katharina Hug, Marketing & PR Leitung Senzera GmbH mit ihrem Vortrag: „Wann ist ein Arbeitgeber sexy? Was Frauen wirklich von Arbeitgebern erwarten und wollen?“
Ein spannender und erfrischender Vortrag, der viele Fragen in Bezug auf den Geschlechterkonflikt aufwirft. Wichtig ist ihr Hinweis darauf, dass es sich nicht nur um einen Geschlechter- sondern vor allem auch um einen Generationskonflikt handelt. Letzterer spiegelt sich in der Lebensweise der Generation Y wieder („Erst leben, dann Arbeiten“), die meist über eine gute Ausbildung verfügt und stark Zielorientiert ist. Die von ihr betitelte Generation Überraschungsei will alle Erfahrungen, die das Leben ihnen zu bieten hat, mitnehmen. Ohne Kompromisse. Und das gilt wohl für Männer und Frauen.
Die Ausgangsfrage (Was wollen und erwarten Frauen von Arbeitgebern?) ist ein uraltes Thema, welches bereits seit Ewigkeiten in einem Schwarz/Weiss-Modus inkl. vielen Vorurteilen diskutiert wird. Diese Tatsache ist auch in der anschließenden Diskussion deutlich spürbar!
Auch wenn Lisas Vortrag möglicherweise keine neuen Argumente für die Rolle der Frau gebracht hat, war der Vortrag für mich trotzdem eine Bereicherung, weil hier jemand den Mut hatte offen über die sehr persönliche Sicht der Dinge zu sprechen.
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Später hält Dr. Ulf Rinne vom Institut zur Zukunft der Arbeit einen Vortrag über die derzeitigen Erkenntnisse über „Die anonyme Bewerbung im Praxistest“.
Kernfrage: Chancengleichheit total oder eine Illusion für Träumer und Idealisten?
Ein sehr spannendes weil vor allem auch aktuelles Thema. Wird doch bereits in einigen Unternehmen diskutiert, ob die anonyme Bewerbung Fluch oder Segen ist. Hier geht es vor allem auch um die Frage, ob eine gesetzliche Regelung wirklich benötigt wird.
Aber von vorn: Die Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt findet, wenn auch nicht bewusst, wohl immer wieder statt. Grundlage für diese Vermutung ist eine Studie der IZA, die belegt, dass Diskriminierung auf dem deutschen Arbeitsmarkt nach wie vor substanzielle Ausmaße hat. Tatsächlich muss sogar davon ausgegangen werden, dass das wirkliche Ausmaß noch weit größer ist, als die Studienergebnisse vermuten lasen.
Daher rührt der Vorschlag, Bewerbungen / Lebensläufe entsprechend zu anonymisieren. Die Anonymisierung funktioniert dabei nur auf der ersten Stufe des Bewerbungsprozesses. Spätestens ab dem ersten persönlichen Treffen hat die Anonymisierung keine Wirkung mehr (eins der wichtigsten Gegenargumente in dieser Diskussion).
Die Herausforderung der Anonymen Bewerbung ist der Nachweis der Effektivität. Bisher existieren kaum belastbare wissenschaftliche Beweise für dieses Modell.
Das deutsche Modellprojekt ist November 2010 gestartet und hat 3 Zielsetzungen:
- Prüfung der Praktikabilität
- Evaluation der Effektivität
- Steigerung der Akzeptanz
An dem Modell nehmen 5 private Unternehmen sowie 2 Behörden und eine Kommune teil.
Insgesamt handelt es sich um 225 Stellenanzeigen (mit Entsprechend mehrfach zu besetzenden Stellen) bei einer Projektlaufzeit von 12 Monaten.
Neben dem Schwerpunkt, der auf den Unternehmen liegt, kann darüber hinaus der Frage nachgegangen werden, ob auf der Seiten der Bewerber ebenfalls Veränderungen stattfinden, weil sie sich anonymisiert bewerben (sollen). Die halte ich persönlich für eine mindestens genauso interessante Forschungsfrage.
Insgesamt existieren eine Reihe von Argumenten für und gegen das Verfahren der anonymisierten Bewerbung. Tatsächlich bleibt die Frage aber eben aufgrund der fehlenden wissenschaftlich belastbaren Beweise unbeantwortet. Eine gesetzliche Regelung birgt aber zumindest immer die Gefahr Unternehmen und Personaler auch einzuschränken. Geht man davon aus, im eigenen Interesse werden Stellen immer mit den fähigsten Personen besetzt, könnte eine gesetzliche Regelung die ein oder andere Einstellung auch negativ beeinflussen. Nicht für alle Personalrekrutierungen muss die anonyme Bewerbung der richtige Weg sein!
Fazit: Ein sehr interessanter Vortrag zu einem sehr aktuellen Thema.
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Christian Schutz (Siemens) und Gero Federkeil (Centrum für Hochschulentwicklung) gaben im Anschluss Einblicke in den im Mai erscheinenden bundesweiten Bachelor-Praxis-Check 2011, der in Zusammenarbeit mit Queb e.V. entstanden ist.
So viel nur vorab: Der Praxis Check beinhaltet gleich eine ganze Reihe interessanter Ergebnisse und erscheint am 3. Mai im Rahmen des CHE-Hochschulrankings!
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Trotz Mittagspause lässt Jan Sentürk in seinem anschließenden Vortrag zur Körpersprache kein Mittagstief zu. Ein mitreißender, unterhaltsamer und zu gleich lehrreicher Vortrag über Halb- und Unwahrheiten in der menschlichen Körpersprache. Das muss man gesehen haben.
Daher hier auch einfach ein Video:
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Auch Prof. Beck selbst hat ein spannendes Thema im Gepäck: „Employer Brand, aber die Mitarbeiter vergessen? Vom Internal Branding und Brand Commitment zum Brand Citizenship Behaviour“.
Hört sich kompliziert an, ist es aber eigentlich gar nicht. Um es dennoch kurz zu halten: Beim Aufbau der Arbeitgebermarke wird heute noch viel zu oft vergessen, die eigenen Mitarbeiter mit einzubeziehen.
Die Kernaussagen zusammengefasst sehen so aus:
- Arbeitgebermarken basieren auf einer „gesunden“ Markenidentität
- Ein außengerichtetes Markenmanagement ist wichtig, aber nicht alles.
- Die Arbeitgebermarke ist nicht nur ein Thema für das Personalmarketing.
- Eine Arbeitgebermarke ohne markenkonformes Verhalten der Mitarbeiter ist kaum möglich.
- Brand Commitment funktioniert nicht ohne Internal (Employer) Branding.
Das Ganze unterlegt Prof. Beck anhand mehrerer Praxisbeispiele.
Alles in allem sehr interessante Gedanken, die in Zukunft noch für Gesprächsstoff in den Unternehmen sorgen dürften!
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Den Abschluss des Convents bildet Dennis Evers, stellv. Leitung Vorstandsstab der Volksbank Lübeck eG, mit einem Vortrag zum Thema Ausbildungsmarketing.
Mit der Volksbank Lübeck reiht sich hier ein mitteständisches Unternehmen in die in die Riege der Vortragenden ein. Auch hier sind die Probleme von Quantität und Qualität der Bewerber sowie die Herausforderungen des demographischen Wandels erkannt worden. Und man handelt danach: Unter http://www.ich-werde-banker.de/ erreicht man die eigens eingerichtete Karriereseite der Volksbanken Raiffeisenbanken. Beworben wird die Seite durch verschiedene Werbemittel. Den Start macht hier eine Postkarte mit dem Claim „reich, berühmt, sexy“. Eine provokante Aussage, die scheinbar Aufmerksamkeit schafft. Weiterhin werden Sitzsäcke, Messestände, Taschen aus LKW-Plane, u.a. mit diesem Claim als Werbemittel verteilt.
Alle verschiedenen Werbemittel verweisen dabei stets auf die Internetseite. Auch eine Facebook Page ist mittlerweile online. Sie ist über den Link Blog auf der Internetseite leicht zu erreichen. (Ein wenig deutlicher hätte der Hinweis auf Facebook allerdings ruhig ausfallen dürfen!).
Eine weitere Idee, mit der die Volksbank Lübeck von sich reden macht ist die Bewerber Nacht. Hierzu werden Unternehmen, die Kunden der Bank sind eingeladen, sich Freitag Abends Bewerbern zu präsentieren. Zum Programm gehören auch Workshops und vor allem das Job-Speed-Dating. Hier haben Unternehmen und Bewerber im 10-Minutentakt die Möglichkeit sich gegenseitig kennen zu lernen.
Am Ende zeigen die Zahlen, dass die Volksbank Lübeck auf dem richtigen Weg scheint: Während die Anzahl der Azubi-Bewerbungen bis 2008 rückläufig waren, steigen sie seit Beginn der Aktionen stetig an (von 160 in 2008 auf 429 in 2009). Nun muss sich zeigen, ob der Trend fortgesetzt werden kann.
Fazit zur Veranstaltung: Der Recruiting Event 2011 bot einen abwechslungsreichen Mix spannender und aktueller Themen! Einige dieser Themen dürften die Unternehmen zukünftig noch eingehender beschäftigen. Das Motto der Veranstaltung „Bereit für die Zukunft“ stand voll im Mittelpunkt der Veranstaltung. Spaß gemacht haben auch die zahlreichen Freiräume für Networking und Austausch.
Eine rundum gelungene Veranstaltung!
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