Heiter geht’s weiter

Als ich dreizehn war,

arbeitete der Schweizer Schriftsteller und Verleger Werner Bucher zu­sammen mit Jürgen Stelling an der ersten Ausgabe des Lyrik-Taschen­kalen­ders Poesie Agenda. Im Herbst 2012 ist für das Jahr 2013 die inzwi­schen 30. Ausgabe er­schienen. Heute kümmern sich Werner Bucher, Jolanda Fäh und Virgilio Masciadri als Herausgeber um die Zusammen­stellung des Kalenders, für den sie 180 Gedichte sowie zahlreiche Cartoons, Fotos und Zeitungs­schnipsel zusammen­getragen haben.

Auf düstere Gedichte haben wir verzichtet, schreiben die Herausgeber im Vorwort und skiz­zieren damit, wofür der Kalender seit Jahr­zehnten steht: Humor, Esprit, Biss, Skur­ri­lität, Leichtigkeit, Lebendigkeit und Vielfalt. Das sind die Zutaten, mit denen sie die Agenda Jahr für Jahr zubereiten. Kein Geheim­rezept, aber eine einzig­artige Mi­schung, die ihnen im deut­schen Sprachraum bislang niemand nach­gemacht hat. Und ein Geheimtipp, denn im Gegensatz zum beispielsweise von Michael Braun heraus­gege­benen Lyrik­kalender, dessen Gedichte (mit diver­gentem inhalt­lichem Ansatz) jahre­lang öffent­lichkeitswirksam durch den Deutsch­land­funk ver­breitet wurden, sind die Ver­kaufs­zahlen des Schweizer Ka­lenders ver­gleichs­weise ver­halten geblieben. Umso mehr ist die Aus­dauer zu bewun­dern, mit der Werner Bucher durch seine Agenda, die Zeit­schrift orte und zahlreiche Buch­publi­kationen, von seinem etwa 1.050 Meter hoch gele­genen Verlags­haus Wirtschaft Rütegg aus die Literaturlandschaft seit Jahrzenten bereichert.

Praktisch und kurzweilig

Auch im kommenden Jahr ist die Poesie Agenda wieder ein praktischer und kurz­wei­liger Beglei­ter im Hemden­taschen­format, der den Alltag poe­tisch auf­hellt. Ein analoger Wider­sacher der Schnell­lebig­keit, der in Zeiten, in denen Termine über­wiegend via iPhone oder Lotus-Notes festgehalten werden, zur Entschleu­ni­gung und Rück­besinnung auf das Wesent­liche einlädt. Eine Buch­publi­kation, die es nur in gedruck­ter Form geben kann und in einem Kindle so de­plat­ziert wirken würde wie ein PKW auf dem Führer­haus eines Binnen­schiffs.

Der Kalender aus dem Appen­zeller Land dürfte auch Lesern liegen, die das, was sie lesen, ver­stehen wollen und vor Gedicht­bänden oder Gedicht-Antho­logien ansons­ten zurück­schrecken, weil sie krypti­sche Fein­staubl­yrik zwischen den Buch­deckeln vermuten. Die Poesie Agenda wird auch 2013 die Lyrik­welt wieder berei­chern. Wenn es sie nicht schon gäbe, müsste sie er­funden werden.

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Werner Bucher, Virgilio Masciadri & Jolanda Fäh (Hg.), Poesie-Agenda 2013, Adressbuch, Cartoons, Fotos, Gedichte, Kalendarium, Notizen, 256 Seiten, orte-Verlag, CH-Rütegg 2012. (16.00 CHF / EUR 10.00 EUR)