Heute beginnt Fixpoetry mit einer neuen Reihe, die in regelmäßigen Abständen erscheinen wird: In Augenschein, Gespräche über anonymisierte Texte von und mit Tobias Roth.
Tobias Roth stellt Autoren vier Gedichte vor, Titel und Autor bleiben verdeckt. In einem gemeinsamen Gespräch über die Texte, versucht der befragte Autor den Autor des Gedichtes zu ermitteln. Um Sie selbst zum Nachdenken anzuregen, finden Sie die ›Lösung‹ dann immer via Link in der Rubrik FIXative im Feuilleton.
Erster Gast dieser Reihe ist Asmus Trautsch. Asmus Trautsch, 1976 in Kiel geboren, ist ein Lyriker mit feinen Ohren, ein Komponist mit scharfem Sprachgefühl. Bereits 1994, 1996 und 1997 Teilnehmer am Treffen junger Komponisten auf Schloss Weikersheim, konnte er in den letzten Jahren seine Vorliebe für Schlossstipendien im brandenburgischen Wiepersdorf und im Stuttgarter Solitude fortsetzen. Die Spannweite seiner Studien und Arbeiten lässt das nur berechtigt erscheinen: 2003 gründete er nicht nur den Verein Klangnetz, sondern auch den Lunardi Verlag, den er gemeinsam mit Bettina Hartz bis 2010 leitete. Er studierte an der Universität der Künste Berlin, der Humboldt-Universität und dem University College London Philosophie, ältere und neuere deutsche Literatur sowie Komposition. Sein lyrisches Debut Treibbojen erschien 2010 im Berliner Verlagshaus J.Frank.
Der Fülle des lyrischen Textes steht die besonders hingegebene Lektüre gegenüber. Wie es den Text zu neuen, erleuchtenden Wortverbindungen treiben kann, wenn er sich den Spielen, Zwängen und Anforderungen eines lyrischen Einfalls hingibt, so kann auch die Lektüre durch Beschränkung in neue Richtungen wachsen: und an Aufmerksamkeit gewinnen, wenn die Sicherheit gewohnter Fangnetze fehlt. In dieses Wagnis will sich die Reihe Augenschein begeben, indem sie im Gespräch mit Lyrikern über Lyrik Namen und Titel verdeckt. Der blinde Fleck über dem Namenszug der Autoren soll einen freieren Blick auf das erlauben, was die Signatur ihrer Texte ausmacht. Da geht es um Stile, mehr als um Inhalte; gerade deshalb geht es um Beobachtungen und nicht um Wertungen. Kein Quiz, sondern ein Spiel, dessen Regeln sich im Moment erst formen. Nur das Material ist gegeben und älter als wir. Wir bleiben familiär, wir wollen spazieren, die Augen, Ohren und Hirne weit aufsperren. Deutlichkeit und Lösung können dabei selbstverständlich nicht in unserem Interesse liegen. (Tobias Roth)