Nefertiti singt

 

Wo ist der Geliebte, den Aton mir nachschickt, und

Wo die Erfüllung, die mir endlich den Leib

Kühlt mit Liebe, ehe der Wind aus dem Totenreich

Kommt? Vieles verspricht der Bekrönte, bevor

 

Uns der Ort der anderen Abwesenheit ruft, und

Singt von den Ritten auf der Wüstenschulter des Nil:

Mich aber treibt nur die Sehnsucht, die Wollsucht

Nach ihm, dem Lichtaug‘, Sohn des Vorauseilenden;

 

Einzig Pylonen schweigen, sprechend, mich an –

Und mein Leib fältet sich, brennt vor Begierde,

Lodert im Lichte des Irrsinns, das aus fingernden

Suchenden Händen gemacht ist. Die Einheit der

 

Länder verschenkt‘ ich, den Scheinsaum des Auges,

Wenn Aton Aton Aton den Geliebten mir bringt!

Ach, und durchs Ried geht die Lust, und das Herzlot

Sinkt golden und wirft die Strahlentiara nach mir.

 

***

Erschienen in: Versnetze_sechs. Deutschsprachige Lyrik der Gegenwart· 2013. Verlag Ralf Liebe

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