Wie ernst ist locker?
Gerne möchte ich heute das Thema Gender Diversity aufgreifen. Den Anlass dazu bietet ein Treffen unserer McDonald’s German Women’s Network Gruppe letzte Woche.
Vielleicht vorab ein paar Sätze zu diesem Gremium: Die Gruppe wurde im August 2010 ins Leben gerufen, um Frauen in Führungspositionen zu fördern und qualifizierten Mitarbeiterinnen den Weg in Leitungsebenen zu ebnen. Und das Engagement brachte bereits sichtbare Ergebnisse hervor: So müssen ab einem bestimmten Level Bewerbungen von Mitarbeitern beider Geschlechter vorliegen. Außerdem hat sich der Vorstand dazu verpflichtet, die Quote von Frauen im Topmanagement kontinuierlich zu erhöhen.
Ermutigt durch diese erfolgreichen Initiativen der jüngsten Vergangenheit, trafen sich also über 100 Frauen in Führungspositionen und junge Talente bei uns im Schulungszentrum, um sich auszutauschen und zu diskutieren. Hierzu wurden auch die Männer des Leadershipteams und der Vorstand eingeladen.
Drei Vorstände sowie ein kleiner Teil der männlichen Kollegen unserer Führungsriege folgten der Einladung. Einige Frauen teilten mit, dass es immer noch Männer in ihren Abteilungen gäbe, die solche Meetings mit Argwohn betrachten.
1. These
Für die Männer sind solche Gender Meetings eher noch etwas exotisch, „da muss man nicht dabei sein.“
Gut fand ich, dass auch unser COO teilnahm, eine Ansprache hielt und Teil der Podiumsdiskussion war. Interessant war, dass die Damen, die diese Veranstaltung organisiert haben, uns gleich zu Anfang mitgeteilt haben „wir sollten doch ganz locker bleiben, so ernst wird es nicht“. Na dann!
Der richtige Zeitpunkt, um mal auf den Inhalt des Meetings zu schauen. Die Veranstaltung wurde mit zwei Grußworten von unserem COO, Holger Beeck, und mir eröffnet.
Während mein Kollege die Wichtigkeit von „mixed Teams“ insgesamt betonte und die Geschäftsergebnisse 2011 vorstellte, hatte ich die Möglichkeit, mich dem Thema intensiver zu widmen.
Ich beleuchtete die Gesamtzahl der Frauen im Unternehmen, auch mit dem Hinweis, dass mittlerweile vier Frauen im Leadershipteam sind, während es vor zwei Jahren nur eine war. Der jetzige Anteil beträgt dort 22%, auf dem Level der Abteilungsleiter 37% und im Restaurantmanagement 51%. Mein Eindruck war, dass diese Zahlen, die durchaus eine positive Entwicklung aufzeigen, zwar von den Anwesenden wohlwollend zur Kenntnis genommen wurden, die zentrale Frage jedoch weiterhin im Raum stand: Wann rückt denn endlich die erste Frau in den Vorstand auf? Zur Info, wir sind fünf Vorstände, alle männlich.
2. These
Positive Entwicklungen im Gender Diversity Bereich sind wichtig, elementar ist allerdings die Frage der weiblichen Besetzung im Vorstand.
Zu dieser These passt auch ein Satz von Dr. Kirsten Weerda, Associate Principal bei McKinsey, die an der Veranstaltung teilnahm und sagte „Wenn man in einem Unternehmen merkliche Veränderungen in der Gender Kultur schaffen möchte, dann müssen die Frauen auch an der Spitze vertreten sein und als role model fungieren“.
Dieses Beispiel des „role models“ zog sich eigentlich durch den ganzen Tag, und war für mich ein wichtiger Hinweis. Fr. Dr. Weerda stellte im Übrigen auch die Gender Umfrage vor, die in unserem Hause von McKinsey durchgeführt wurde und an der über 100 Kolleginnen und Kollegen teilgenommen haben.
Kernaussagen:
- Das Commitment im Top Management ist vorhanden.
- Die Rahmenbedingungen, die z.B. zu einer verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen (z.B. Kinderkrippe) werden geschätzt, doch die Themen Arbeitszeitflexibilität, Meetingkultur und 24/7 Erreichbarkeit werden kritisch gesehen.
- Fehlende „role models“.
Was ich besonders interessant fand, aber vielleicht gar nicht so überraschend war, ist die Tatsache, dass bei dieser Umfrage 76% der Männer der Meinung waren, dass das Thema „Gender Diversity“ bei McDonald’s Deutschland gut „gemanaged“ wird, jedoch nur 47% der Frauen dies so empfinden.
3. These
So lange Männer beim Thema Gender Diversity in ihrer Komfortzone bleiben können, sind sie entspannt. Dies ändert sich jedoch, wenn sie direkt mit Inhalten konfrontiert werden.
Das hat natürlich auch mit dem Auftritt von Marion Knaths, Geschäftsführerin „SHEBOSS Consulting“ zu tun. Sie hielt einen 30 minütigen Impulsvortrag zum Thema „Frauen in Führungspositionen“ mit Beispielen, die auch in ihrem Buch „Spiele der Macht“ beschrieben werden. Sie schaut dabei ganz genau auf die „typischen Machtspielchen“, die im beruflichen Alltag so passieren, wenn es um Beförderungen, Männerrituale und Meetingkultur geht, dass zumindest bei mir die am Anfang beschriebene Lockerheit ein bisschen weniger wurde, und ich dachte: Jetzt wird es „ernst“!
Ernst deshalb, weil es nach ihrem Vortrag gleich in eine Podiumsdiskussion überging, an der mein Vorstandskollege, Fr. Dr. Weerda, Frau Knaths und ich teilnahmen. Ich sag Ihnen, jetzt war es vorbei mit der Komfortzone. Jetzt musste man Farbe bekennen. Fragen wie: Warum gibt es keine speziellen Führungsprogramme für Frauen? Warum wird keine Flexibilisierung von Homeoffice-Arbeitsplätzen angeboten? Wann kommt endlich die erste Frau in den Vorstand? etc. wurden selbstbewusst gestellt und bestmöglich beantwortet.
4. These
Beim Thema Gender muss man unaufgeregt aber authentisch bleiben, keine Sonntagsreden nur Fakten helfen weiter. Glaubwürdigkeit und die wirkliche Durchlässigkeit im System sind das A und O.
Ich denke es spricht für unsere Unternehmenskultur, dass es für uns mittlerweile selbstverständlich ist, solch eine Veranstaltung durchzuführen. Ich selbst habe mich teilweise nicht so locker gefühlt wie ich es mir vorgestellt und vorgenommen hatte. Ich habe einfach gemerkt, dass es Themen gibt, die wir noch nicht richtig adressiert haben und die, wie von mir angemerkt, aber sehr deutlich von den Anwesenden fokussiert wurden.
Ich sehe es natürlich als Herausforderung an, also frisch ans Werk!
Wie sieht es bei Ihnen aus mit dem „Reality Check“ was Gender Diversity angeht? Ich freue mich auf Ihre Kommentare!
Hallo Herr Goebel!
Hier werden Sie geholfen:
http://sciencefiles.org/2012/03/04/role-models-wofur-sind-weibliche-fuhrungskrafte-in-erster-linie-weiblich-oder-in-erster-linie-fuhrungskraft/#comment-1244
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Die Diskussion über die Bedeutung der Begriffe „Position, Rolle und Attribute“ ist mit Sicherheit spannend, aber bei diesem Thema nicht zielführend. Denn meine Philosophie zur Besetzung eines Jobs lautet einzig und allein „who is the best for the job“. Deshalb liegt auch das Hauptaugenmerk meiner Arbeit darauf, auf die Bedürfnisse meiner Mitarbeiter einzugehen. Das dabei auch immer wieder Themen zur Sprache kommen, die wir in der Vergangenheit noch nicht adressiert haben ist selbstverständlich. Gerne möchte ich deshalb den Fokus meiner Überlegungen darauf legen was man in der Zukunft besser machen kann!
Herzliche Grüße, Wolfgang Goebel
@Wolfgang Goebel,
es freut mich zu hören, dass das wichtigste Kriterium für eine Stellenbesetzung ein meritokratisches Kriterium ist. Wenn dem aber so ist, wieso gibt es dann bei McDonalds eine CS-Policy der Frauenförderung, warum entschließt sich dann der Vorstand, die Frauenquote im Vorstand kontinuierlich zu erhöhen? Das ist doch dann gar nicht notwendig, denn wenn immer die Besten voran- und auf Jobs kommen, dann muss man doch keine Quote festlegen, weil die besten Frauen von ganz alleine in die Führung aufrücken?
Ich muss Ihrer Ansicht widersprechen, die Diskussuion von Position und Rolle (das mit den Attributen bezieht sich auf Erwartungen gegenüber einem Rolleninhaber, ebenso wie das Rollenverhalten…), haben etwas damit zu tun, ob man eine Quote einführt oder nicht, denn wenn zu einer Führungsposition Rollenattribute wie Kompetenz und Fähigkeit gehören (Attribute auf die Sie sich selbst mit “who is best for the job” zurückziehen, einmal angenommen, das Kriterium für “who is best” ist ein ökonomisches und kein politisches) und keine Geschlechtsattribute (die können nur dazu gehören, wenn man davon ausgeht, das ein Geschlecht qua Biologie kompetenter ist als das andere), dann zerstört die Einführung von “Geschlecht” als Besetzungskriterium die bislang gültige Erwartung an die Rollenattribute eines in leitender Position Tätigen. Diese “Zerstörung”, das hat z.B. Leon Festinger gezeigt, kann auf mehrere Arten “behandelt” werden, die wahrscheinlichste besteht darin, die “Neuattribuierung” als Verstoß gegen das Equity-Prinzip zu sehen und den neuen Rolleninhaber nicht nur negativ zu bewerten, sondern als Quotengünstling zu betrachten. Wie die vielfältigen Studien von Madeline Heilman zeigen, ist Letzteres, was passiert und selbst Frauen, die durch Kompetenz in Führungspositionen gelangt sind, werden als Quotengünstlinge angesehen und negativ bewertet. Wer diese Form der innerbetrieblichen Missgunst und Disharmonie schaffen will, hat mit der Quote ein gutes Mittel zur Hand.