seit wir vor tagen am feuer waren
höre ich nicht auf am feuer zu sein
in den taschen meiner jacke
begleitet mich der rauch
in der wolle meiner haare auch
ich möchte die gelegenheit so
wie sie war in mir verbergen:
wie wir über milchstraßen zogen
barfuß ohne meilenstiefel
was uns nichts machte denn
umso länger die gemeinsamkeit
und tiefer die fläche im all
die wir absteckten während wir
am feuer lagen uns im funkenflug
übten und was mir bleibt
ist der schöne der gute rauch
in den taschen in meinen haaren auch
17.04.2014 ·
Aus: „sirene des duschraums“, LYRIKPAPYRI, Edition Voß im Horlemann Verlag 2014
was für väter und mütter haben wir
wie dein vater euch gesehen
hatte verstand ich erst als wir
seine superachtfilme konvertierten
während der schifffahrt über den rhein
ging sein kamerablick zwanzig minuten lang
über die lautlosen ufer: häuser und bäume
mal rechtsseitig mal linksseitig des bootes
und während du mir erzähltest wie
aufgekratzt ihr kinder damals wart und
dass dein bruder jeansshorts kurz wie
badehosen trug: keine filmspur von euch
eure familie erschien mir wie kunst die
man komplett erklärt bekommen muss
nichts verstand ich von selbst nur
später beim zoobesuch absolvierte die
kamera deines vaters sämtliche tiere
und als sie vom zebra zum gnu glitt
streifte sie kurz euch jungs und man sah
im augenwinkel dass ihr sogar eine mutter
hattet meist aber war dein vater allein
auf der welt mit lautlosen ufern sein
größter wunsch war immer gewesen
auf see zu gehen und als der film von
der digitalisierten superachtspule lief
sah man kurz dies typische flackern
17.04.2014 ·
Aus: „sirene des duschraums“, LYRIKPAPYRI, Edition Voß im Horlemann Verlag 2014
im weizenlicht
(für a.)
im weizenlicht im gegenlicht
seh ich die bilder krumm
ein sommertag mit sonnenritterschlag
lügt leicht und rückt die
wirbelsäule dennoch gerade
das macht mich heilig
und die kühe stumm
und mücken tanzen irrlicht
mücken wimmeln in den wiesen
lachen heiser ziehen ihre spuren
lachen leiser ziehen auf die uhren
heute glitzert die luft
dass ich sie staubsaugen muss
und immer noch
bleibt licht um licht um licht
17.04.2014 ·
Aus: „streit mit dem sonnengott“, Wehrhahn Verlag 2009
reisen und leben wie björk
in der jugend
fuhr ich oft per anhalter durchs alphabet
und wenn man zu jemandem ins auto steigt
erfährt man viel über sich
einige autobesitzer zum beispiel hatten soeben
einen flusslauf geerbt: „mit wütenden wesen“
da half ich ihnen während sie fischen gingen eine woche lang
am wetter zu werkeln möglichst günstige winde zu weben
oder wale zu waschen
dann fuhr ich weiter und abends
unterbrach ich das trampen
eröffnete mir an ort und stelle einen campingplatz
und angelte am fluss einen löffel einen topf
und haferflocken ich hatte hunger aufs leben
ich hatte dermaßen großen hunger aufs leben
in meiner tramperzeit
17.04.2014 ·
Aus: „streit mit dem sonnengott“, Wehrhahn Verlag 2009
türkiserteich
worin die emsigen mücken der nacht und
mein punktloses sinnen verschwinden
die glocke schlägt und dehnt ihren ton über die oberfläche
bis an den rand bis
die bronze von selbst auf den grund sinkt und alle schildbürger
(auch ich) um sie trauerfeiern
womit der tag beginnt
17.04.2014 ·
Aus: "streit mit dem sonnengott", Wehrhahn Verlag 2009