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Komm! Ins Offene haus für poesie
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Komm! Ins Offene haus für poesie
Kritik

Dunkles, dunkles Katzenland

Hamburg

„Komm an mein Herz, meine schönes Katzentier; / Zieh ein der Tatze Krallen, / Gönn einen Blick in deine Augen mir, / Achatgesprenkelt und metallen.“ Mit diesen Versen setzte Charles Baudelaire Mitte des 19. Jahrhunderts der Katze eines der schönsten Denkmäler der Weltliteratur. Bekanntlich ist er nicht der einzige Schriftsteller, der sich immer wieder von der Eleganz und Geheimniskraft der Katze beeindrucken und inspirieren ließ. Mal ist sie zart und verschmust, dann wieder sind ihre Blicke „schneidend kalt, als ob sie Dolche zückt“. Sie lässt sich ein Zusammenleben mit den Menschen gern gefallen, gleichzeitig „entströmt ihr / ein feiner Hauch, ein Raubtierduft“. Wer eine Katze hält, weiß, dass man immer um ihre Aufmerksamkeit buhlt und man nie so recht sicher sein kann, wer in dieser Beziehung die Oberhand hat.

Genauso geschieht es in Constantin Göttferts Debutroman, der von der ersten bis zur letzten Seite von einer riesigen schwarzen Katze bestimmt wird. Ein Tier, das ein Geheimnis birgt, das sich den Menschen nie so ganz erschließt. Wie dem Protagonisten in Satus Katze. Der ist ein junger Österreichischer Schriftsteller, der in einem Wiener Café einer jungen Frau begegnet. Die beiden kommen ins Gespräch und plötzlich wird Göttferts namenloser Erzähler an seinen merkwürdigen Aufenthalt in Finnland erinnert, der ihn jüngst als Stipendiat in die Stadt Oulu führte. Kein Wort hatte er seitdem geschrieben. Doch jetzt muss die Geschichte erzählt werden. Eine Geschichte, die sich nicht allein um den jungen Österreicher dreht, sondern um eine Germanistikprofessorin, ihren trunksüchtigen Ehemann; um Satu und natürlich um Satus Katze.

Das Finnland in Göttferts Roman ist dunkel, kalt und unwirtlich. Manchmal glaubt man sogar am Horizont das ewige Eis der Pole erahnen zu können. Doch in der von Göttfert erdachten Welt ist nichts wie es scheint. „Wo Schiffe fahren konnten, muss das Eis doch bereits geschmolzen sein.“ Dennoch führt der Weg des Erzählers über eine Eisstraße auf die kleine Insel Hailuoto. Ein Ort, an dem sich genau wie in Oulo Mythos und Realität berühren, an dem Sagen wie Tatsachen vorgetragen werden und niemand auch nur einen Gedanken verschwendet daran zu zweifeln. So flammen in Satus Katze immer wieder Anspielungen auf das Kalevala, das finnische Nationalepos auf; vor allem die Sage der Hexe Louhi, die ihre Gefangenen in einen Wagen sperrt, der von einer riesigen schwarzen Katze gezogen wird.

Überhaupt schafft es Göttfert mit beachtlichem Talent ein Sammelsurium an düsteren Details stimmig ineinander zu fügen und mit deren Hilfe den Plot zu einem gelungenen Ende zu verdichten. Eine Katharsis gönnt er dem Leser jedoch nicht. Bereits mit seinem Erzählband In dieser Wildnis (2010 im Leipziger poetenladen erschienen) hatte sich Göttfert als Liebhaber für das Ungewöhnliche, das Mysteriöse zu erkennen gegeben. Und das war ein Glücksfall für die junge deutschsprachige Literatur, denn nur wenige Autoren schreiben hierzulande mit psychologischem Tiefgang, ohne ihre Stories in hundertmal erlebte und gelesene Beziehungskisten zu verwandeln. In seinem ersten Roman konstruiert Göttfert nun einen kleinen Psychothriller, der mit raffinierter Bosheit und subtiler Horrorelemente durchsetzt durchaus an Filme von David Lynch oder (die besseren) Stories von Stephen King erinnert.

Constantin Göttfert
Satus Katze
C.H.Beck
2011 · 139 Seiten · 17,95 Euro
ISBN:
978-3-406621642

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