Lesart
Jakob van Hoddis* 1887† 1942

Weltende

Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei.
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten - liest man - steigt die Flut.

Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.

Erstausgabe in: Der Demokrat
Jahrgang 3, Nr. 2 (11. Januar 1911)

Auflassung - Der van Hoddis-Plan

Zu Jakob van Hoddis fand ich via Alfred Lichtenstein und einem Künstlerbuch: Für eine Anthologie mit erotisch verwirkten, gemeinfreien Gedichten („Vom Rinnstein in die Nasenquetsche“ 2006) durchsuchte ich mir unbekanntes Terrain, Dirnenlieder und Gedichte rund um die Jahrhundertwende, und wurde fündig u.a. bei Frank Wedekind, Ernst von Wolzogen, Karl Henckell, Hanns von Gumppenberg und schließlich bei Alfred Lichtenstein, der mich im Handstreich kassierte mit seinem „Erotischen Variéte“. Ich war damals Schichtarbeiter in der chemischen Industrie und lebte jenseits jeder Literaturwissenschaft, aber bereits mit Gedichten. Natürlich tauchte sehr bald die „Dämmerung“ auf und ließ mich schockverliebt in der Nachtschicht hinter Maschinen verborgen einen alten Ex-DDR-Verlag-Band mit seinen Texten wieder und wieder lesen und einen innerlichen Kopf schütteln: Wie kann man so schreiben? Danach erschienen mir Georg Heym, Ernst Wilhelm Lotz, Hans Ehrenbaum-Degele, Jakob van Hoddis, sie alle gemeinsam (und noch viele andere mehr) betonierten hart eine intensive und mittlerweile nicht mehr kündbare Liebe zum sogenannten Expressionismus. Wie kann man so schreiben? Der beständige Nachhall enthält wie jede Frage die Hoffnung auf den Zugriff auf ein Geheimnis und ich versuche im Rückgriff auf die acht Zeilen des Weltendes den Stand meiner Antworten aus dem Heute darzulegen, die zeigen: Wir sind nicht weit auseinander.

Quelle: Bibliotheca Augustana

1

„Es ist ein Weinen in der Welt, / Als ob der liebe Gott gestorben wär‘“ konstatierte Else Lasker-Schüler in ihrem Gedicht „Weltende“ um 1903. Der Tod Gottes zeigte sich als Befreiung von einer alten Last und das Sprechen im Gedicht befreite sich in eine neue Einsamkeit hinein.

Wenn so etwas wie eine Welt endet, dann endet damit ein aktuell gültiges, bislang stabiles Arrangement und Jakob van Hoddis‘ „Weltende“ ist eines, das Mustern ade sagt, deren Überholtsein in der Luft lag. Ähnlich ist es heute: Es gibt die Erkenntnis, dass man aus Spiralen aussteigen muss, wenn man die Welt als Heimat des Sapiens retten will. Man ist in Muster und Strukturen eingeflochten, von denen man weiß, sie killen uns. Während man in das expressionistische Weltende einsteigen konnte, wie in ein neues, unbekanntes Fahrzeug, muss man heute primär raus und hat kaum eine Ahnung davon, wie das gehen kann und soll.

Muster müssen passen. Gibt es keine Übereinstimmung und Verträglichkeit zwischen Weltgeschehen und seinem Bemerken, dann kann Dauer nicht entstehen. Insofern ist es nicht belanglos, auf welche Art und Weise wir die Welt betrachten, sie in uns aufnehmen und was wir genau aus dieser unserer Chance machen, wahr zu werden und gegenwärtig zu sein. Im Prinzip finde ich hier van Hoddis‘ Begehr: Es auf die Reihe bringen und dann sehen, was es ist. Der Reihungsstil ist hier das Mittel Simultanität herzustellen und quasi wie mit Farben ein Bild zu erzeugen, das mehr ist als der einzelne Klecks. Das Mittel des skurrilen Reims stellt Abstand her und tritt Gott mit den Füßen. Der zu sein, der mit den Ereignissen kocht, mit komischen kosmischen Zutaten würzt und in diesem Tun allen zum Trotz Sinn behauptet – das ist für mich der Van-Hoddis-Plan, der deshalb aufgeht, weil er hinschaut und befreit, statt drauf schaut und erschlägt. Der Expressionismus brachte die Befreiung vom beschwerungsreichen Pathos, der im Gedicht die Erlösung impliziert, und ähnlich befreiend sollte in einer Zeit der zerbrochenen Wahrheiten und dekonstruierten Lehren eine heutige Dichtung sein.

2

„Es ist möglich aus den Zutaten des Universums, des Bewusstseins und der Gegenwart ein durchaus schmackhaftes dualistisches Gericht zu kochen“, sagt der Philosoph Jörg Neunhäuserer in seinem Essay „Über Gegenwärtigkeit und Gegenwart“ (2005). Man braucht nur einen Buchstaben, das „r“, auszutauschen und wir landen beim Gedicht.

3

Die sich immer rascher auflösende Realität hinterlässt einen offenen Raum, der kaum mehr sinnvoll zu hinterfragen ist, außer reduziert auf vermutete Dinglichkeit in unscharfer Metrik.  Nicht „die hilflose Beziehungskisten-Poesie“, wie der Lyrikkritiker Michael Braun mal vor Jahren an der jungen Lyrik herumgemäkelt hat, bestimmt die Inhalte, sondern das Beziehung-Schaffen, das In-Beziehung-Treten zur Welt. Und hier sind es die kleinen Dinge, die, wie in Zeitlupe erlebt, zu Orientierung verhelfen sollen. Das Verlässliche ist nicht das Gefühl, sondern das Fühlen. Es ist eine neue Art Innerlichkeit zu erleben, die man begrüßen sollte als Vermessung, nicht als Anmaßung. Was die neue Generation in der Dichtung tut, ist nicht greifbar und verhandelbar auf dem Schauplatz von Theorie und Wissen, sondern geschieht im Offenen, also genau abgewandt von intellektuellem Sulz. Auch wenn die Lebensläufe der Akteure fast immer einen geisteswissenschaftlichen Studien-Hintergrund aufzeigen. Das Offene meint nicht den puren Zweifel und die zweifelnde Infragestellung (wo der „Unsinn den Weg alles Sinnens verschneit“, wie es van Hoddis in dem Lotte Pritzel gewidmeten „Indianisch Lied“ formuliert), sondern den perspektivlosen Moment. Keine Generation musste bislang so zurückgedrängt auf Augenblickswelten für sich eine Orientierung finden und dabei noch auf mutmaßlich gangbare Utopien verzichten. Das Offene der Expressionisten war gefüllt mit Zukunft, unbekannter, neuer, möglicher, gültiger Welt, das Offene der Moderne ist das unüberwindbare Jetzt.

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Das neue Gedicht gibt vor und arbeitet damit, das alte zu kennen. Es behandelt es manchmal so, als führte ein formales Überwältigen, ein freches Zerbrechen schon zu einem neuen Gedicht. Was nicht immer stimmt, denn dann steckt in ihm das zerwirkte alte, vielleicht mehr noch als das wirklich neue.

5

Die junge Lyrik beschäftigt sich „mit den Formen des Jetzt“, wie es Ron Winkler ausgedrückt hat. Was bestimmt auch dem Tun gilt: dem Formen des Jetzt, das über bislang Geltendes hinaus muss. Und das betrifft nicht nur die Lyrik, die nur ein Transporter dafür ist. Es geht hier wirklich um das ganz einfache, nicht um eine Idee und nicht um eine Religion, sondern um die unzähligen und essentiellen Fehlknoten und Irritationen, die auf das aktuelle Dasein draufgepackt sind, es geht um deren Korrektur. Wegstreichen, Bloßstellen, Nacktsein. Es geht um Daheimsein und Ankommen. Ein Ankommen, das die Welt, wie sie sich heute gebärdet, hartnäckig verweigert, weil sie überdeutlich Menschenquatsch ist, aus Fehlern geflickschusterter, aufgeplusterter Fußabstreifer einer respektlosen Tierart, die sich viel zu viel raus und viel zu wichtig nimmt: Stadtaffen, singt Peter Fox. Es geht darum zu zeigen, dass die junge Poesie den Raum Welt auf eine andere, sehr subtile Weise betritt, sich ihre Subjekte anders darin bewegen (auch zur gleichen Musik), eine andere Bewusstheit zum Ausdruck bringt.

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Im Expressionismus zeigt sich die Rückführung auf das Jetzt und seine Erscheinung. Daß etwas ist, verknüpft sich damit, wie etwas ist und wirkt oder scheint. Wie beantworte ich das Jetzt? Indem ich es mir anschaue und mit Erstaunen feststelle: Es ist per se poetisch. Ich muß nichts erfinden, um das man sich poetisch kümmern könnte, sondern das, was da ist, pocht mit poetischer Potenz. Das Dichter-Ich stolpert in die Realitäten hinein und findet alles vor sich, was er braucht. Er muß es nur „richtig“ beschreiben, aufzählen, zusammenbringen. Die Bewegung ist kolossal: fliegen, hallen, abstürzen, entzwei gehen, steigen, hupfen, zerdrücken … Der Beteiligten sind viele: Bürger, Hüte, Lüfte, Dachdecker, Küste, Sturm, die wilden Meere ... Eigentlich ist es immer die Welt, die sich vor mir darbietet und vollendet. Der Blick auf das Einzelne ist wichtig, wertvoll, er benötigt genaue Resultate, aber man darf nicht bei ihm verharren, sondern muß ihn in den Kontext bringen. Erst dann kann sich das ganze Pulsen zeigen. Es passiert so viel und unter anderem dabei auch das Weltende. Ich lese das Gedicht nicht als Prophetie, sondern als Klingelbeutel.

Natürlich geschieht in jedem einzelnen Moment, den ich nicht mehr isoliert betrachte, irgendwo auf irgendeine Weise das Weltende und geht die Welt stets unter. Wenn ich die Begrenzungen des Jetzt auflöse und es öffne nach überallhin, ist der Weltuntergang unser ständiger Begleiter, weil Katastrophen immer mögliche Resultate zugespitzter Gegenwart sein können und überall sind, aber der Bürger wird sich später nach seinem Hut bücken oder einen neuen kaufen. In van Hoddis Gedicht fehlt jegliche Fatalität. Es läuft mit den Dingen und spannt für sich eine größere Bewegung ein, als es das vorexpressionistische Gedicht konnte. Es gibt keinen ausgezeichneten Gegenstand, erst die Reihung schafft das Bild und damit das, worum es geht. Erst der Blick, der nichts ausschließt, der die Beteiligten und ihre Bewegungen sehen lernt, kann im Grotesken das expressionistische Feuerchen schürn. Der vorexpressionistische Blick, der immer schon weiß, was er sehen will und sehen wird, kann Gebete schreiben und vor Gräbern predigen und stramm aufgesagt werden. Ich empfinde im Weltende genau genommen einen Weltanfang, weil sich van Hoddis traut, nicht da zu sein wo alle sind, sondern sich in einer Poesie anzusiedeln, die es zwischen den Weltdingen gibt. Er verabschiedet das gewöhnliche Begreifen der Welt, zugunsten einer Offenheit für das Mögliche, das sich dennoch nicht irreal oder abstrus gebärdet, sondern bei aller Groteske im Kontext bleibt. Diese Art des Sehens nimmt den Fluch von den Dingen und die durch sie erzeugte Lektüre gibt mir das Gefühl, sie wolle mich nicht verkleinern, engführen oder dirigieren, sondern öffnen für das, was mit mir geschieht, wenn etwas geschieht.

7

Es geht um Räume, sehr eigene und spezielle Räume, es geht um Bewegungen darin, wie sie immer nur der sich Bewegende tun kann, wenn er etwas wie „sich selbst“ parat hat und dieses Selbst nutzt als ein Instrument. Deswegen besitzt van Hoddis sich nicht. „Das Denken ist kein Beweis für das Ich, sondern das Ich ist ein Postulat des Denkens“, so schreibt er 1908 in seinem Text „Von Mir und vom Ich“. Das Ich mit all seinem Empfindungs- und Findungsreichtum steht im Dienste der Sprache und man kann die Lyrik als authentische Geste sehen, die ein Ich kunstvoll aus den in ihm wirksamen Konflikten des Lebenskontextes heraus entwickelt. Postwendend. Weltwendend. Dieses Spiel ist Ausdruck von völlig individuellen Zusammenhängen und gleichzeitig Antwort an sich selbst und mehr will es nicht sein – nicht gültig für alles und jeden, nicht der große neue Entwurf, der alte Muster entwertet und künftige Muster vorgibt, sondern eine Privataufnahme. Das Polaroid eines Raumes, der da ist und nach etwas aussieht, weil er das jeweils Private deutlich aufnimmt, wie es dort dem Nichts begegnet.

„Darf ich dem Nichts erliegen“, fragt Jakob van Hoddis im Gedicht „Der Tag der Stadt“ in der Zeitschrift Der Sturm (März 1911). Meint der Landschaft, die es – noch nicht – gibt. Was man hier rein schafft, macht was mit uns. Dort herrscht  eine fremdartige Chemie zwischen den Worten, Spannungen entstehen. Auf- und Entladungen. Alles ist irgendwie energiereich und frei. Und dort fühl ich mich als Dichter wohl und bin froh, dass Dinge passieren, die es ohne das Dichten nicht gäbe. Gut einhundert Jahre später stellt Monika Rinck in ihrem Essay „Das Alberne hat Glück“ fest: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Neue, um ans Licht zu kommen, einen dunklen Korridor der Dummheit durchqueren muss“. Dann können auch Dachdecker undumm entzweigehn.

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Gedichte sind neben Szenen eben auch kleine und große Filme (und manchmal sind sie Songs). Und alles ist tatsächlich und allein dadurch schon lebendig. Das Szenische ist echt und authentisch, auch im Betrieb des Textes oder im Übertreiben. Neopathetisches Cabaret. Dieses ist auch Gedicht, weil das Leben an sich pulsierend und in seiner Relativität poetisch ist für denjenigen (ob er das will oder nicht), der in der Begegnung den Blick wechseln kann, weg vom Betroffenen, hin zum Betreff.

Diese Bewegung ist nicht kostenlos zu haben. In ihr kondensieren die Angebote zur Offenheit. Wie kommuniziere ich mit dem Moment und was lasse ich zu, das dieser mir sagt? „Ein Mann indeß kroch mit gesträubten Haaren / Einen schräg an die Wand gelegten Besenstiel hinauf“, verkündet Jakob van Hoddis in der Zeitschrift Die Aktion im Mai 1914 im Gedicht Der Visionarr von der Sprengkraft des Schrägen und einer als prinzipiell erlebten Kontingenz. Das Sehen des Nichtsichtbaren gehört in die Chose, die einem passiert, wenn der Freilauf entgleist. Visionen gehören ins Repertoire, das eigene Spiel zu demaskieren. Das Verlässliche ist nicht das Gefühl, sondern das Fühlen.

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Eine handschriftliche Niederschrift von Weltende zeigt keine Nachbesserungen. Ist es das originale Manuskript? Das Blatt ist schmal, Notizbuchpapier, fleckig. Die bleistiftgeschriebenen Verse setzen, mit einer Ausnahme, akkurat am linken Korrekturrand an, springen aber unter, weil sie länger sind als der zur Verfügung stehende Raum und springen so, dass auch der Unterschrieb nicht zwickt. Nur der letzte Satz: „Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.“ beginnt direkt an der linken Papierkante, weil ein weiterer Unterschrieb aus Platzgründen nicht möglich war. 

Es gibt nur sehr selten Gedichte, die man in einem Schwung hinschreiben kann. Wer völlig ohne Korrektur auskommt, muss ganz weg (also im Gedicht) sein, bevor er mittels Schrift wiederkommt – er muss die Musik des Textes fühlen und sich davon tragen lassen. Van Hoddis muss ganz weg gewesen sein von dem sich Anbahnenden. Das passiert. Es scheint ein bißchen wie Teufelswerk und man bemüht fast hilflos den Begriff der Genialität, wenn der Ton passt und die Sätze folgen ihm wie von Zauberhand. Dabei ist man nur noch das Mittel zum Zweck und der eigene Verdienst ist der, dort, wo es passiert, in einer Weise vorhanden gewesen zu sein, die zulässt.

10

Der Moment dringt erst ins Bewusstsein, wenn er nicht nur ist, sondern wird. Zwischen Sein und Werden verhandelt sich die Kontingenz und so ist das Jetzt nie fest oder pur. Das Werdende enthält nicht nur das entschieden Vorhandene, sondern auch das sich zusätzlich Bildende. In ihm ist grundsätzlich neben dem heiklen Moment auch vorhanden die Zutat, die Art und Weise, wie ich etwas betrachte und als was ich es erinnere. Mein Anteil ist das als verinnerbar Extrahierte und dann das Erinnerte, ich mische es in die Gegenwart und bilde damit Geschichtliches. Wir alle mischen uns auf sehr spezielle und eigene Weise in die Gegenwart, anders geht es nicht, auch als Betrachter. Unsere Anteile machen uns zu Geschichten. Unser Leben lässt sich also erzählen. Und die Art, wie wir es collagieren und es uns collagiert, auch.

Van Hoddis hatte nicht das Glück viel erzählen zu können, sein Werk ist schmal und erschien erst lange nachdem er seine Gedichte geschrieben hatte und sie in Zeitungen und auf Leseabenden elektrisiert hatten. Van Hoddis, der Rabe, unterwegs in den Lüften, hat keine Zeit für die Erde. Erst 1918 publiziert Franz Pfemfert in seiner Buchreihe Der rote Hahn 16 seiner Gedichte unter dem Titel Weltende und dies wird die einzige Buchveröffentlichung zu Lebzeiten bleiben. Allerdings: Da ist der Autor des Weltendes längst weggesperrt in psychische Krankheit und Anstalt. Schon im Herbst 1912, nachdem der Vater gestorben ist und die Universität van Hoddis wegen Faulheit exmatrikuliert, nachdem auch sein dichterischer Wegbegleiter Georg Heym tödlich verunglückt ist,  beginnt im Anschluß an Rausch und willentlicher Übertreibung eine jahrzehntelange Odyssee durch Heilanstalten, Psychiatrie und aussortierter Existenz, die erst Ende April 1942 im Vernichtungslager Sobibor in Polen gewaltsam endet: Die Spur verliert sich, aber er dürfte vergast worden sein.

Man kann Jakob van Hoddis heute viel umfassender lesen, als in den damals fast atemlosen Jahren der expressionistischen dichterischen Produktion. Die Forschung hat inzwischen über 200 Gedichte ausfindig und zugängig gemacht und man sollte Jakob van Hoddis lesen. Warum? Ich klinke mich ein bei Zeitgenossen Johannes R. Becher, der die Wirkung der acht Zeilen auf sich und Hoddis DichterkollegInnen so resümiert: „ … wir waren durch diese acht Zeilen verwandelt, gewandelt, mehr noch, diese Welt der Abgestumpftheit und Widerwärtigkeit schien plötzlich von uns – zu erobern, bezwingbar zu sein“.

 

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Der Beitrag erschien in einer kürzeren Version im Schreibheft 92
ABENDLAND, LI(E)DER
100 Jahre Menschheitsdämmerung
Zusammengestellt von Konstantin Ames
Mitarbeit Gerd Schäfer und Norbert Wehr

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