Langt ein Satz ins Bodenlose
„Den ungarischen Meister der Apokalypse hat Susan Sontag ihn genannt, und ein anderer Meister des Untergangs, W. G. Sebald, verglich ihn mit Gogol und meinte, seine Vision würde die leichtgewichtigeren Ansprüche der zeitgenössischen Literatur bei weitem übertreffen. Und doch ist dieser Autor der Allgemeinheit praktisch unbekannt. Eine Kritikerin schrieb kaum überspitzt: László Krasznahorkai könnte vielleicht der bedeutendste Autor sein, von dem Sie noch nie gehört haben.“
Der Ungar feiert am 5. Januar seinen 60. Geburtstag und Diethard Leopold nimmt es zum Anlass aktuell in derStandard.at an Seiobo auf Erden zu erinnern, einen Band mit Erzählungen, der bislang letzten Veröffentlichung von László Krasznahorkai:
„Es sind die diversen Heimsuchungen durch das Außerordentliche, was diese Erzählungen so spannend macht, dass man sie unweigerlich nach Hinweisen absucht, nach etwas, an das man sich halten könnte, da man sonst, wie man immer stärker spürt, so wie manche der Protagonisten ins Bodenlose stürzen könnte, in ein Gescheitertsein, das nichts anderes als die Haltlosigkeit unserer Zivilisationszeit selbst ist.
Vor allem aber ist es der Stil, das rhythmisch gegliederte Fließen der lange dahinmäandernden Sätze, die oft mehrere Seiten lang sind, was eine ungeheuer suggestive Wirkung ausübt. Krasznahorkai hat die Länge seiner Sätze immer wieder damit begründet, dass ihm kurze Sätze unnatürlich erschienen und dass man, wenn man den Leuten nur aufmerksam zuhörte, bemerken müsse, dass wir alle in langen, sich nicht abschließen wollenden Texten sprechen, im heißen Wunsch, uns mitzuteilen. Er selbst jedoch wäre in diesen Texten vollkommen schweigsam, was hier spräche, wären die jeweiligen Personen, die sich eben aussprechen wollten. Er sei nur das Medium, durch das sie in Erscheinung träten.“
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