Ins Jetzt gefallen
Gestrandete Schwalbe
Paul Jandl bespricht heute in der WELT den neuen Roman von Gertrud Leutenegger:
„"Panischer Frühling" ist ein grandioses Lebens- und ein Todesbuch, das keinen Zweifel darüber lässt, wie mit der prekären Endlichkeit alles Irdischen umzugehen ist. Im Erzählen wird aus den Brüchen ein tröstendes Kontinuum. Aber das Bild der Stille kann in Gertrud Leuteneggers Roman auch unversehens aus der Idylle kippen. Dann spürt man den Abgrund, und aus der Stille wird ein Stillstand, das untrügliche Zeichen des Todes. In die Kindheitssommer der im Pfarrhaus des Onkels verbrachten Ferien fahren die Schreie der Nachbarin, welche die Stille nicht ertragen kann.
…
Panischer Frühling" ist voller Gerüche und Geräusche. Vom Whitechapel Market wehen Gewürzdüfte aus aller Welt durch das Buch, aus den pakistanischen Restaurants kommt der Küchendunst, die Möwen schreien, und eine bis auf schmale Augenschlitze verschleierte Frau tappt in ihrem schwarzen Niqab durch die Straße.
Der gleichmäßige Rhythmus ihres Blindenstocks ist wie ein Metronom, er macht die Zeit spür- und hörbar, wie sie vergeht und wie jeder Takt schon den nächsten hervorbringt. Gertrud Leutenegger erzählt von Idyllen und Katastrophen, von der Harmonie der Liebe und vom Irrsinn der Welt; von den Gezeiten und damit auch von der Zeit. Schon länger ist man beim Lesen nicht so sehr ins Jetzt gefallen wie bei diesem Roman.“
Gertrud Leutenegger: Panischer Fühling. Roman. Suhrkamp
Neuen Kommentar schreiben