Lederziehung
Rolf Löchel rezensiert auf literaturkritik.de über Ulrich Horstmann neuen polemischen Essay gegen die literaturwissenschaftliche Dekonstruktion und die These vom „Tod des Autors“:
„Nicht nur über die literaturwissenschaftliche Forschung, auch über deren universitäre Lehre fällt Horstmann ein vernichtendes Urteil. In einer „Disziplin wie der Literaturwissenschaft“ würden die Studierenden „darauf gedrillt“, „auf Knopfdruck paradigmakonformen Sinn zu generieren und ihn unter Prüfungsbedingungen fast beliebigen Texten abzuschöpfen“. Denn die Universität suggeriere „den Primat des abstrakten, deduktiven und Abrufbaren und zwinge den Nachwuchsschriftsteller mit diesem Literaturmodell in eine fatale Bewusstheit, Selbstbeobachtung und Selbstzensur“. Der „schöpferische Prozeß“ als „seltsam voraussetzungslosem Abenteuer“ der Literaturschaffenden werde auf diese Weise ge- wenn nicht zerstört. …
Zuletzt wendet sich Horstmann gegen die tatsächlich sehr fragwürdigen Kurse in creative writing. Sie bauten eine „Welt aus Lug und Trug“ auf, klagt er, „in der Kunst keine Rarität, kein seltener Glücksfall mehr ist, sondern jede Woche mit schöner Regelmäßigkeit in Manuskriptform aus der Tasche gezogen werden kann und Künstler von der Stange als Dutzendware innerhalb der Regelstudienzeit den Abschluss machen.“ Ganz von der Hand zu weisen ist das wohl nicht. Andererseits sollte aber auch nicht vergessen werden, dass handwerkliche Fertigkeiten und Techniken in anderen Kunstformen, der Bildhauerei etwa oder der Malerei, durchaus gelehrt werden, ohne dass dies je ähnliche Kritik auf den Plan gerufen hätte.“
Ulrich Horstmann: Schreibweise. Warum Schriftsteller mehr von Literatur verstehen als ihre akademischen Bevormunder. Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2014.
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