Schweine-Reisen
© Bernhard Kathan
Neues Kapitel in der Abteilung: Wir sehen Tiere an im Hidden-Museum von Bernhard Kathan: „Schweine reisen“:
„Als James Cook am 17. Januar 1779 in der Kealakekua-Bucht auf Hawai vor Anker ging, erfuhr er eine gottähnliche Verehrung. Da niemand an Bord die Sprache der Insulaner verstand, konnte er nicht wissen, dass sich diese versammelt hatten, um die Wiederkehr ihres Gottes Lono zu feiern, des Gottes der Wohlfahrt und des Friedens. Noch an Bord der „Resolution“ wird Cook von einem Priester, der sich ihm mit „allen Anzeichen der Verehrung“ nähert, ein rotes Tuch um die Schultern gelegt. Mit roten Tüchern pflegten die Insulaner ihre Götterstandbilder zu schmücken. Unter Beschwörungen und Gesängen wird Cook ein kleines Schwein überreicht ...
In Cooks Logbüchern prallen zwei völlig konträre Schweine-Welten aufeinander. Expeditionsfahrten des 18. Jahrhunderts in den pazifischen Raum waren buchstäblich wie auch im metaphorischen Sinn Schweine-Reisen. Eine von vielen Tiergeschichten, die uns helfen könnten, unser Verhältnis zu Tieren anders zu sehen. Tierberichte haben Konjunktur. Nur einige Titel der letzten Wochen: „Menschenrechte für Menschenaffen“, „Die Ethik des Schinkenbrots“, „Was eigentlich macht den Homo sapiens noch einzigartig“, „Sind wir Kannibalen?“ Zumeist moralinsaure Texte, die mehr über die Krise des modernen Menschen als über Tiere sagen. Gute Tiergeschichten sind die Ausnahme. Eine der berührendsten Tiergeschichten, die ich letzthin las, findet sich in Carolin Emckes Buch „Weil es sagbar ist. Über Zeugenschaft und Gerechtigkeit“ (S.Fischer 2013). Wie drei Jungen in einem Palästinenserlager, die selbst genügend Gewalt erfahren haben und nun einen kleinen Hund quälen, deutlich machen, dass auch ein Tier Schmerz empfinden kann?“
Bernhard Kathan: Wir sehen Tiere an. Grundkurs für Tierschützer und solche, die es werden wollen. Essay. Limbus 2014. Reihe Limbus Essay
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