Fix Zone

Neuerscheinungen März 2015 (2)

Redaktion: 

Buchcover Reinzeichnung

Soeben erschienen im Verlag Wunderhorn:
Marcus Roloff. reinzeichnung. Gedichte.
Die Gedichte Marcus Roloffs sind Schauplätze, auf denen Beobachtung, Gedanke, Assoziation, Kritik und Rücknahme ausgefochten werden: ohne Sieger.
Der müsste von außen bestätigt und sich anerkannt finden. Die Textkörper sind gewissermaßen autistisch, die Erlösung durch den Anderen bleibt aus: »Das Ich in den Texten, die ich meine und favorisiere, weiß nichts, kann nichts, zeichnet sich durch nichts aus. (...) Also da redet jemand, der völlig autistisch in sich drinsteckt, und das Draußen nur als großes leeres ›Wie‹ betrachtet. Es bezeichnet nichts. Er schreibt sich selbst, aber es gibt keinen Vergleich, der hinausführt, es gibt keine ›correspondance‹ mit irgendwas …« (Roloff) Roloff offenbart Prothesen unserer Wahrnehmung (das Raster, der Vergleich usw.), bedient sich ihrer aber nicht als Stütze. Sie zeugen nicht für ein stabiles Ich. Es deutet sich mit fragwürdigen Spuren an. »beweis dass ich sehe (ich-taste) / ich totes werkzeug stehe« – Betrachter und Objekt erscheinen als etwas Gleiches, zumindest Ähnliches und es stellt sich die Frage, ob man sie wieder auseinanderbringen kann und soll. Die elliptischen Verse experimentieren mit harten thematischen wie atmosphärischen Fügungen, die bspw. die Grenze zwischen Museum und Straße fließend machen. Objekte werden aus ihrer Verankerung gehoben; wer oder was dies mit Worten tut, muss jedesmal neu geortet werden (»ortung aus zeitfleisch wie aus dem gedächtnis«); der Leser, der sich dieser Herausforderung stellt, wird zum Flaneur, durch Städte, Geschichte, Alltag, mitunter durch eine Galerie von Ich-Garanten, die nunmehr chimärisch sind.

 

Stefan Heuer: werkstatt. (ein abschied in zehn bildern). Gedichte. Erschienen in der Lyrikreihe der Parasitenpresse als Band 031.
In zehn poetischen Bildern beschwört er die Heimwerker-Garage des Großvaters herauf. Eine vergangene, verlorene Welt mit all ihren merkwürdigen Werkzeugen und Utensilien. Angesammelte Dinge, die kleine Geschichten erzählen. Die handwerklichen Tätigkeiten sind nur noch Rudimente und haben allenfalls eine erinnerte Funktion wie “die stofflose mechanik eines regenschirms”.
Stefan Heuer, geb. 1971 in Großburgwedel, lebt in Burgdorf. Veröffentlicht seit 1996 Lyrik, Prosa, experimentelle Kurzdramen und Kritik. Zahlreiche Einzeltitel, u.a. das gute geschäft (parasitenpresse 2002), favoritensterben (yedermann 2006) und Firnis (Verlagshaus J. Frank 2010).
werkstatt erscheint als Lyrikheft und in einer Vorzugsausgabe. Der Vorzugsausgabe liegen drei von Stefan Heuer als Holzschnitt gedruckte Lesezeichen bei, der normalen Ausgabe eins (solange der Vorrat reicht).

 

Mehmet Yashin: Istanbul wartet auf niemanden mehr  - Ausgewählte Gedichte in Türkisch und Deutsch / Seçilmiş şiirler, Türkçe – Almanca. Ruffel-Verlag
Ins Deutsche übersetzt von Recai Hallaç, Tevfik Turan und Christina Tremmel-Turan.
»Mehmet Yashin ist Insulaner, Zyperntürke, Byzantiner, Kosmopolit. Die Heimat seiner Muse ist das östliche Mittelmeer, sein Bewußtsein von den vielen Kulturen und Sprachen zwischen Nikosia, Athen und Istanbul geprägt. Häufig bilden die Zerwürfnisse, die zur gewaltsamen Teilung Zyperns führten, und das Schicksal seiner Familie den Hintergrund seiner Gedichte. Es sind bewegende Elegien auf den Verlust der Levante. Ihre hohe Sprachkunst spiegelt das innere und äußere Exil des Dichters, führt aber auch hin zu den Möglichkeiten der Versöhnung, einer neuen Nachbarschaft von mythischer Dimension.«  (Joachim Sartorius)

 

Als Heartbeat 23 bei der Stadtlichter Presse erschienen:
Edward Sanders: Dürste nach Frieden in einem rasenden Jahrhundert . Aus dem Amerikan. von Thomas Collmer und Ralf Zühlke. Mit einem Essay von Reiner Niehoff.
Herausgeber literarischer Underground-Magazine, treibende Kraft der gegenkulturellen Bewegung, Betreiber des legendären Peace-Eye-Buchladens, Mitgründer der Protopunkband The Fugs, Erfinder grandioser Musikinstrumente, Verfasser wunderbarer Erinnerungen an die Hochzeit der Beat Generation und des akribisch recherchierten Buches über die Manson Family, vor allem aber Barde und Poet. Vom berühmten Langgedicht »Poem from Jail«, das Sanders 1961 im Gefängnis schrieb bis hin zu Gedichten, die am Anfang des neuen Jahrtausends entstanden sind, bietet diese Sammlung eine Auswahl aus über 40 Jahren dichterischen Schaffens.
 

Ebenfalls in der Stadtlichter Presse:
Lars Huldén: Der trauernde Uhu im Norden.
Zweisprachig, aus dem Schwedischen von Ingrid Schellbach-Kopra.
Seinen neuen Gedichtband hat der Dichter in drei Themenkomplexe unterteilt:
Zuerst entführt er uns immer wieder in die finnische Natur, läßt uns nachdenken über das Leben des Waldes, der Bäume, der Waldvögel, über die Beziehung zwischen Mensch und Natur. Was doch der Mensch daraus lernen könnte!
Der mittlere Teil der Sammlung vermittelt Eindrücke vom sozialen Klima im Land. Es überwiegen ironische, ja sarkastische Töne, wenn zum Beispiel das Leben im betreuten Wohnen geschildert wird. Oder wenn die »Lord Greystoke Universität« als Musterbeispiel für die Innovationsbesessenheit und das Elitestreben im akademischen Bereich steht, was durchaus nicht nur für Finnland gilt.
Den Schluß bilden aphoristische Gedichte über die Poesie und die Kunst des Dichtens. Huldén schreibt auch in diesen Texten ernst, heiter, melancholisch oder ironisch, aber stets mit der ihn auszeichnenden humorvollen Leichtigkeit.

 

In der editionfaust ist (nach Büchern von Paulus Böhmer & Jan Volker Röhnert) ab 20. März noch mehr Lyrik zu lesen:
Kornelia Koepsell: Weißes Rauschen. Gedichte. Mit einem Nachwort von Werner Söllner.
»Durchbohrt sinkt der König nieder. Affen schreien im Käfig, / nichts ist gewonnen«, so schließt das »Lied der Schlange« von Kornelia Koepsell. Das Textarrangement schafft den Zusammenhang und die Bedeutung. Koepsell ist daran gelegen, das zu bewahren, was tendenziell verloren geht – Nuancen unserer Sprache, das historische und mythische Wissen der Antike, das Wissen um die literarische Überlieferung, aber auch die neuen Ausdrucksformen der Comics, Graphic Novels und PC-Games. All das bringt sie mit aktuellen Erfahrungen und Beobachtungen zusammen und macht die Differenz fruchtbar in traditionellen lyrischen Formen, die sie gern in anregenden Zyklen komponiert. Trauer liegt in ihren Zeilen, aber auch Komik, schwarzer Humor und groteske Wendungen.

 

Harry Oberländer: chronos krumlov. Gedichte. Mit einem Nachwort von Wulf Kirsten.
»chronos krumlov«, das ist die verdichtete Krummau-Zeit, die ganze und die gegenwärtige. Der Ort hängt stolz in einer Flussschleife und hat sich schon von Rilke empfehlen lassen. Ceský Krumlov, zu Deutsch: Böhmisch Krummau, ist aber wohl nie so klug umgarnt worden wie von diesem Gedichtzyklus, den Harry Oberländer auf die altersweise Stadt an der Moldau geschrieben hat. Adalbert Stifter kommt darin ebenso vor wie Johannes Urzidil, Egon Schiele und Theobald Hock.
Die Sammlung »chronos krumlov« besteht aus farbigen Miniaturen, erzählenden Detailansichten, erhellenden Schnappschüssen, Natur- und anderen Dramen im Taschenformat, beschwörenden Formeln, balladesken Geschichten, lakonischen Erinnerungsstücken, Moritaten aus der Stadtgeschichte, Anekdoten, Skizzen, Reflexionen, bemerkenswerten Biographien und Spottversen – alles knapp, kein Wort zu viel, inspirierend.

 

Diese Woche erschienen bei Klöpfer & Meyer:
Christine Langer: Jazz in den Wolken. Gedichte. Es ist ihr dritter Gedichtband.
»Christine Langers Poesie ist wunderbar unaufdringlich. Sie will weder beeindrucken noch überraschen. Das ist ihre Anziehungskraft. Mit großer Eleganz und noch größerer Schlichtheit erweckt sie das Gefühl, in der Natur zu wandern, und den Wunsch, tatsächlich in die Welt hinausgehen zu müssen, um sich zu überzeugen, dass die beschworenen Bilder stimmen.« Marjana Gaponenko
»Prekäre Balancen: aus Nichts, Kleinstem, einem Stück Natur alles machen, voller Luft und Zeit, mit seinen lebendigen Wesen am Rand. Mittendrin mindestens ein überraschender Vers, der hervorwächst aus dem Bild von Wirklichkeit und Laut und alles lohnt. Langsam im Auftritt, stark im Nachklang – Gedichte als belebte Stilleben: beginnen zu glänzen und ›geben in jeder Richtung Wünsche frei‹.« Ulrike Draesner

 

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