Fix Zone

Emily Dickinson

Redaktion: 

Retuschierte Fotografie der Emily Dickinson, ca. 1897

Katharina Döbler bespricht im Deutschlandradio Kultur die Gesamtausgabe der Gedichte von Emily Dickinson:

„Inmitten einer Umgebung, die für einen Freigeist, zumal einen weiblichen, oft erstickend gewesen sein muss, fasste die heimliche Agnostikerin Emily Dickinson ihre Gedanken in ebenso heimliche Verse, die sie selbst zu kleinen Heften band und bis auf wenige Ausnahmen niemanden sehen ließ.

Ein Gedicht über das menschliche Gehirn zum Beispiel, das 1863 entstand, hätte sie damals nicht veröffentlichen können, ohne einen Skandal mit weitreichenden Folgen heraufzubeschwören.

"Mehr als der Himmel fasst das Hirn" beginnt es und deutet in lyrischer Kürze und Eleganz die intellektuellen, emotionalen und sinnlichen Fähigkeiten des Menschen; um am Ende zu behaupten:

"So schwer wie Gott ist das Gehirn –
Hebst du sie – Pfund um Pfund-
Sind sie verschieden – allenfalls-
Wies Laut und Silbe sind"

Nur sieben ihrer Gedichte wurden zu ihren Lebzeiten überhaupt veröffentlicht – und das geschah meist durch Freunde, die sie in ihrer weitreichenden und vielfältigen Korrespondenz auch oft mit Versen bedachte. Ihre Freundschaften, etwa zu Elizabeth Barrett Browning, lebten vor allem in Briefen; wie auch ihre – soweit man weiß, unerfüllten – Lieben zu sehr unterschiedlichen Männern. In den letzten Jahren ihres Lebens nahm ihre Menschenscheu extreme Züge an.

Was in ihrem komfortablen häuslichen Kokon entstand – rund 1800 Gedichte und Gedichtfragmente umfasst der vorliegende Band – ist ein einzigartiges Werk, in der Form so frei wie im Denken und seiner Zeit weit voraus.“

Emily Dickinson: Sämtliche Gedichte. Herausgegeben und übersetzt von Gunhild Kübler. Hanser Verlag, München 2015.

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