Draußendrin
Jürgen Verdofsky bespricht in der Frankfurter Rundschau die gebündelten Essays von Brigitte Kronauer:
„Die zweibändige Ausgabe unter dem frugalen Titel „Natur und Poesie / Poesie und Natur“ birgt verstreute Texte, die nebeneinander kein geschlossenes Programm ergeben, aber in die Welt der Vorstellungen und damit auf einen anderen Wahrheitsgrund führen. Neben die Verlässlichkeit der Natur tritt literarische Erfahrung und Überlieferung. Vor der Natur beruhigt sich die existentielle Angst, vor der Poesie emanzipieren sich die entnervenden Kräfte des Zweifels.
Wer sich in die Literatur begibt, versucht, etwas über sich selbst in Erfahrung zu bringen. Mit Natur ist es nicht anders, auch nicht mit dem „Unterschied der Gegenden im Raume“ (Kant), denn „Landschaft ist nicht Natur“. Natur ist überall, Landschaft ist aber überall anders. Aber auch Landschaft ist für Kronauer konstitutiv: Hamburg, wie es nur eine Quiddje aus Essen sehen kann. Die Niederelbe. Das größte europäische Süßwasserwatt namens Mühlenberger Loch, vom Airbus-Werk bedrängt. Das Schnaakenmoor. Nicht zuletzt der von widerständigen Hamburgern gerettete Botanische Garten von Klein-Flottbek. Allein fünf Texte kreisen um Hamburgensien. Und schon öffnet sich der Roman „Teufelsbrück“ ganz neu.“
„Man genießet an der Natur nicht, was man sieht (sonst genösse der Förster und der Dichter draußen einerlei), sondern was man ans Gesehene andichtet, und das Gefühl für Natur ist im Grunde die Phantasie für dieselbe“.
Jean Paul
Ausführliche Leseprobe
Brigitte Kronauer: Poesie und Natur / Natur und Poesie. Essays. Klett-Cotta, Stuttgart 2015. 2 Bände.
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