Hexenjagd
Kein neues Phänomen, erläutert Leopold Lippert in seiner Besprechung eines Stückes von Arthur Miller, das gerade am Burgtheater Wien aufgeführt wird – Hexenjagd, in der nachtkritik:
Vorne: Martin Schwab (Giles Corey), Michael Maertens (Danforth), Ignaz Kirchner (Hathorne) Copyright: Reinhard Werner Burgtheater
„Wien, 22. Dezember 2016. Es sind ganz kleine Bedeutungsverschiebungen: Hier ein "Zeichen", da ein "Beweis". Hier eine gehäkelte Stoffpuppe, da ein Werk des Teufels auf Erden. Hier ein zitterndes, stotterndes Mädchen, da eine rechtsgültige Bezichtigung der Hexerei. Arthur Millers 1953 uraufgeführte "Hexenjagd" dramatisiert die Strukturen von Paranoia und Massenhysterie – wo aus Zeichen Beweise werden und aus Denunziationen Urteile, die schließlich unschuldige Menschenleben kosten.
Miller wollte sein Stück über die (historisch belegten) Hexenprozesse von Salem (1692), die nachhaltig das negative Bild des puritanischen Amerikas geprägt haben, auch immer als Analogie zur Gegenwart verstanden wissen: In den zahlreichen auktorialen Zwischentexten stellt er explizite Bezüge zur antikommunistischen Hetze der McCarthy-Ära her. Und auch Regisseur Martin Kušej, der das Stück nun auf die Bühne des Wiener Burgtheaters bringt, hat "Hexenjagd" im Vorfeld schon zum Stück der Stunde erklärt und Parallelen zu Donald Trump und dem "So wahr mir Gott helfe"-Präsidentschaftskandidaten der FPÖ gezogen. Aus den historischen Teufelssichtungen werden also gottesfürchtige Fake News und postfaktische Twitter-Tiraden. So weit, so politisch aktuell.“
Hexenjagd
von Arthur Miller
Deutsch von Hannelore Limpach und Dietrich Hilsdorf, mit Alexander F. Hoffmann
Fassung von Martin Kušej, mit Angela Obst
Regie: Martin Kušej, Bühne: Martin Zehetgruber, Kostüme: Heide Kastler, Musik: Bert Wrede, Licht: Friedrich Rom, Dramaturgie: Eva-Maria Voigtländer.
Mit: Christina Cervenka, Sabine Haupt, Philipp Hauß, Daniel Jesch, Lena Kalisch, Ignaz Kirchner, Barbara de Koy, Dörte Lyssewski, Michael Maertens, Barbara Petritsch, Steven Scharf, Marie-Luise Stockinger, Irina Sulaver, Florian Teichtmeister, Andrea Wenzl.
Dauer: 3 Stunden 30 Minuten, eine Pause
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Hexenjagd als Hörspiel (WDR 1954)
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