Fix Zone

Ökologien der Sorge

Redaktion: 

Neu bei transversal texts: Ökologien der Sorge – von Daniel Drognitz, Sarah Eschenmoser, Michael Grieder, Adrian Hanselmann, Alexander Kamber, Anna-Pia Rauch, Pascale Schreibmüller, Nadine Schrick, Marilyn Umurungi

In der Mitte des Sozialen rumort es stetig, eine Unruhe, die uns tagtäglich trägt. Fortwährend wird da gekocht, was die Umgebung ernährt; unbeirrt und nachhaltig erarbeitet, was hindurchtanzt; im Dunkeln erschaffen, was hier und da leuchtet und sorglos sich regt. Eine Facette dieser Mitte ist die Sorge, die, unsichtbar oder verworren, wie sie auch scheinen mag, niemals unwirksam ist. Fällt sie weg, spüren wir das unmittelbar. Steht sie unter Druck, sind wir auch unter Druck. Spricht sie von Streik, tun wir gut daran aufzuhorchen: denn die Sorge ist nicht leicht zu finden, aber sie ist auch eine ununterbrochene Linie, deren Unterbrechung unvorstellbar ist.

Globale Affektketten, translokale Asymmetrien und Ökologien der Sorge – im Zentrum gegenwärtiger Diskurse um erweiterte Vorstellungen von Ökologie und Sorge stehen Konzepte und Praxen, die instituierend, poetisch, anarchisch, streikend, invasiv, queer, transversal nach anderen Formen eines nachhaltigen Zusammenlebens suchen. Statt dies aber in jenseitigen Gefilden oder Utopien zu tun, verweisen Ökologien der Sorge ins Hier und Jetzt. Sie betreffen eine ausgedehnte Gegenwart, ein Werden, das fraglos weder der Träume noch der Wünsche ermangeln soll. Diese werden tagtäglich (re)produziert – nicht zuletzt durch Sorgearbeit.

Der diesen Band eröffnende und hier erstmals auf Deutsch erscheinende Text der Precarias a la Deriva aus dem Jahr 2003 fokussiert die Globalisierung der Sorge und ihre Asymmetrien. Die Erhaltung des Lebens und die Erfindung konvivialer Räume des Gemeinsamen erfordern eine andere Logik als die des Profits, der Lohnarbeit, der Ausbeutung. Die Precarias a la Deriva zeigen auf, wie zwei fundamental unterschiedliche Logiken, die Logik der Sorge und die Logik des kapitalistischen Profits, kollidieren. Wir befinden uns, so die unvermindert aktuelle Analyse der Aktivistinnen, in ­einer die Welt umfassenden Krise der Sorge. Da wir alle Sorgende sind und der Sorge bedürfen, gilt es, den Mythos der Unabhängigkeit zu dekonstruieren und einen positiven Begriff der Abhängigkeit als Interdependenz einzuführen.

 

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