Siegfried Einstein (1919-1983)
Neuerscheinung bei Wunderhorn:
„ Nicht einmal meine besten Freunde wissen, wie qualvoll dieses Suchen - ich möchte es ein fanatisches Suchen nennen - nach sprachlichem Ausdruck ist. Um eines Eigenschaftswortes willen, das Näheres über die Gebärde einer Liebenden aussagen soll, kann ich von Mitternacht bis Sonnenaufgang liegen und mir das Mark meiner Seele zerquälen.“
Siegfried Einstein in seinem Tagebuch 1951.
Sprache war Siegfried Einsteins Leidenschaft und Waffe. In politischen und literarischen Essays, in Gedichten und Erzählungen schrieb er gegen Unrecht und Verdrängung im Nachkriegsdeutschland des Vergessen-Wollens an.
Zu einer Zeit, als die Bundesrepublik im Aufbau begriffen war und der Großteil der deutschen Bevölkerung die NS-Verbrechen unter den Teppich kehren wollte, gab er den Überlebenden der Schoa in Deutschland eine Stimme. Oft schlug Siegfried Einstein laute Töne an, um den Geschundenen und sozial Benachteiligten in Zeitungsartikeln und Vorträgen Sprachrohr zu sein. Seine Lyrik ist jedoch von einer zärtlichen, leisen Sprache geprägt. Denn so divergent er als Mensch war, so vielfältig war auch sein literarisches Schaffen: mahnend, aufklärerisch, polemisch, zärtlich, zynisch, poetisch und tieftraurig. Er, der die NS-Diktatur als Jugendlicher in der Schweiz in verschiedenen Arbeitslagern überlebt hatte, folgte einer Einladung deutscher Schriftstellerkollegen und kehrte zurück. Einstein fand seinen Lebensmittelpunkt in Mannheim, wo er seine außergewöhnliche Sprachbegabung als Dozent an der Abendakademie jahrzehntelang in den Dienst der Volksbildung stellte und unzählige literarische Texte verfasste. Zu seinem 100. Geburtstag holt die vorliegende Anthologie den in Vergessenheit geratenen Tucholsky-Preisträger zurück in das öffentliche Gedächtnis und macht seine grandiose, messerscharfe Sprachkunst einem breiten Publikum zugänglich.
Esther Graf , Nelly Z. Graf (Hg.): Siegfried Einstein - Zeit der vielen Einsamkeiten. Werke von Siegfried Einstein. Wunderhorn, 2019.
Aktuell: Sonderausstellung im Museum Laupheim noch bis Januar.
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