Im Oberflächendarunter
Neu im Verlagshaus Berlin, dem „Klappentext“ folgend:
Durch Carl-Christian Elzes neuen Lyrikband bewegt man sich wie eine Ameise über eine Kugel – oder über ein Möbiusband. Die ganze Welt auf einem dicht beschriebenen Streifen Papier. Urknall und Liebe begegnen sich nicht in einem metaphorischen Verhältnis, sondern als tatsächlicher Zusammenhang, der ein paar Jahrmillionen in zwei Versen verbindet. In dieser Kugel findet sich Großes auf kleinstem Raum, stets sind Extreme ihrem Gegenteil nah.
Carl-Christian Elze gelingt es, das Große und das Kleine, das Menschliche und das Kosmische in einem Gedichtband miteinander zu verbinden. Der fließende Rhythmus seiner Verse zieht einen unweigerlich in seine Welt. Am Ende ist kaum noch zu unterscheiden, ob die Gedichte unter die Haut gehen oder selbst die Oberfläche sind, die einen beim Lesen umspannt.
unsere mütter haben uns auf einem flughafen ausgesetzt
ohne gepäck, blutig und nackt, entkabelt.
einige haben sofort geschissen, klebrig und schwarz
so schwarz, als wäre der teufel aus uns herausgetreten
und so klebrig, als könnten wir niemals mehr schweben
was so nicht stimmt – wir schweben sofort
mit einem arsenal von grausamkeiten, auf einem flughafen
der selber schwebt. – unser flughafen ist gefüllt
mit ländern, städten und winzigen flughäfen, die nur
vom namen her flughäfen sind, in wirklichkeit:
flitzende punkte, obwohl worte wie flitzende punkte
in wirklichkeit nirgendwo sind, nur teilchen, schwebende
teilchen, die schwingen, ununterbrochen schwingen
solange wir warten in form von lose zusammengefügten
relativ kurzen, sprechenden stäbchen, warten
auf unseren einzigen flug, der uns abstürzen lässt
und unsere gehirne zurücknimmt; nicht in die engen schöße
unserer mütter, die längst morsch geworden sind
aber in die vorschöße; zwischen die schenkel
einer hoffentlich gut aussehenden
uralten, mädchenhaften
planetaren
dame.
Carl-Christian Elze: "diese kleinen, in der luft hängenden, bergpredigenden gebilde". Gedichte. Verlagshaus Berlin. Illustrationen von Christoph Vieweg.
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