Im Hotelzimmer kann man die Tür von innen verriegeln, indem man einen kleinen metallischen Heber seitwärts stellt, so gesehen gibt es kein richtiges Schloss, vielmehr eine breite Türklinke, die durch die Berührung mit einer Plastekarte nachgibt. Aber den besagten kleinen Riegel, den gibt es, ein Spur von Privatsphäre, Sicherheit und Intimleben. Ich liege breitbeinig auf dem Bett, ohne Strumpfhose, denn die alte habe ich ausgezogen und in den Mülleimer geworfen, weil sie ein Loch hatte, und die neue hängt auf dem Stuhl bereit, ich liege also auf dem Bett und lackiere die Zehennägel und warte, bis sie trocknen und ich die Strumpfhose anziehen kann, es klopft einmal an der Tür, die Tür fliegt auf, eine Putzfrau mit einem Stapel Handtücher. Der besagte kleine Riegel ist also nur eine optische Täuschung, ein geschicktes Manöver, es steckt mehr dahinter, als man es denken mag. Spät abends, das Licht ist schon ausgeschaltet, übergibt sich ein Mann im Nebenzimmer. Ich höre die pressenden, würgenden Geräusche, als ob der Mann in meinem Zimmer wäre, endlich kommt es raus und er drückt auf die Spülung und es wird wieder still und ich schlafe ein. Am nächsten Morgen höre ich, was er auf der Toilette macht, wie es Männer auf der Toilette machen, ein Einblick in die Welt der Männer, ich öffne das Fenster in meinem Zimmer und denke nach. Er geht zum zweiten Mal duschen, vielleicht ist er ein Moslem, vielleicht hat er keine Feuchttücher dabei, haben Männer überhaupt Feuchttücher dabei, besonders auf Reisen, um sich zwischendurch die Hände abzuwischen oder die T-Zone zu reinigen, die Stirn-Nasen-Kinn-Partie, warum fahren Männer weg, um sich in kleinen Einbettzimmern zu übergeben, er geht, kommt wieder zurück, hat sich wohl etwas an der Rezeption geholt oder etwas gefragt und kommt wieder zurück, hoffentlich macht er nichts mehr, hoffentlich hat er vorhin alles erledigt. Wenn er wüsste, dass ich im Nebenzimmer bin und alles höre, was er macht und tut und von sich und aus sich gibt, hat er mich vielleicht schon mal im Flur gesehen, zufällig, ist an mir vorbeigegangen und hat sich irgendwas dabei gedacht, irgendwas dabei gesagt, denn auch ich war heute und gestern mehrmals im Bad, habe manches getan, was junge schöne Frauen nicht tun, habe geduscht, telefoniert, geschlafen, wieder geduscht, die Haare geföhnt, wieder telefoniert, hat er alles mitbekommen, weiß er jetzt alles von mir, außer meinem Namen, aber auch den hätte er irgendwie herausbekommen oder heraushören können aus den Monologen am Telefon, jetzt seufzt er und geht ein paar Schritte auf und ab in seinem Zimmer und legt sich hin und bleibt jetzt hoffentlich einfach liegen und macht nichts dabei. Aus Versehen mache ich einen unbedachten Schritt, stelle den Fuß falsch, der Fußboden knarrt auf, die Holzdielen, die von meinem Zimmer direkt in das seine verlaufen, in meinem Zimmer senkt sich eine Diele, in seinem Zimmer hebt sich eine Diele und sein Bett fängt an zu quietschen. Wenn er heute Abend sich übergeben sollte, wie gestern, werde ich an die Wand klopfen, aber was, wenn er zurückklopft darauf und auf eine Antwort wartet oder wenn er mit Absicht ein zweites Mal erbricht oder so tut, um mich nicht einschlafen zu lassen, oder wenn er auf einmal vom Flur aus an meiner Tür klopft, genervt, verärgert, betrunken, mitten im Vorgang des Erbrechens gestört, und ich weiß nicht mehr, ob ich die Tür verriegelt habe, ich rolle mich nur auf dem Bett zusammen, ziehe den Kopf unter der Decke ein, klein, hilflos, im Slip und einem langen dünnen T-Shirt, mit gerade gewaschenen, nassen Haaren, die Kontaktlinsen liegen im Bad, bis ich sie eingesetzt und mich angezogen habe, vergeht Zeit, was mache ich dann, soll ich ihm aufmachen, jetzt seufzt er wieder und gähnt und geht ins Bad.