Sein und Zeit und Schnuller
Heidegger – ein Wegbereiter und immer wieder auch Ärgernis. Jedenfalls ist man noch lange nicht fertig mit dem, was er dachte und schrieb. Das belegt auch der 2013 erschienene Band Die Stile Martin Heideggers, herausgegeben von Patrick Baur, Bernd Bösel und Dieter Mersch.
Analysiert wird hier das Denken auf dem Umweg des Stils, der als so etwas wie die Methode, die Epistemologie dieses Denkens beschrieben wird, um zu sehen, was Heideggers Philosophie denn ausmache. Es ist ein Denken, das tatsächlich, was es denkt, immer neu „ver-setzt” und „formatiert”, dabei auch sich entwickelnd, zum einen gegen die definitio und hin zum horismos, weil die Transformation des Griechischen ins Lateinische das (Phantasma dessen, wovon Heidegger glaubte, es sei im Denken das) Uranfängliche beschädigt habe, zum anderen, weil Heidegger zwar an die Anfänge will, aber eben dies mit manchmal Poetischem, manchmal aber auch mit ans Kalauern grenzenden Pseudo-Etymologien bewirkte – und das wußte, also den Weg zurück nicht als einen chronologischen betrieb. Sondern zur Stille, so schließlich die These Artur Boelderls, der folgerichtig auf das Kalauern Heideggers beinahe kalauernd respondiert und in Die Stile Martin Heideggers ganz einfach mal stattdessen und doch ganz im Thema Die Stille Martin Heideggers abhandelt. Heidegger wolle „in die Stille” denken, und zwar sich, sein Denken wolle stillen, habe etwas von einem denkerischen „pacifier” = Schnuller. Die Affinität zum Faschismus wäre dann im peacemaker gelegen, den Boelderl aber nicht mehr gegen dieses Denken anführt. Heidegger? – Eine „Geburtsverweigerung”.
Allein dieser Aufsatz rechtfertigt den Band, der auch sonst kenntnisreich und erhellend erklärt, welches Potential in Heideggers Denken vorliegt – auch: zum Fragwürdigen. Lesen!
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