»Le poète raille«
Neuer Band bei Wunderhorn in der Reihe P: eine neue Bibliothek der Modernen Poesie, in der weltweit bedeutende Stimmen der zeitgenössischen Lyrik den deutschen Lesern in beispielhaften Nachdichtungen präsentiert werden. Herausgeber der Reihe sind Joachim Sartorius, Hans Thill und Ernest Wichner. Diesmal mit Gedichten des türkischen Lyrikers Izzet Yasar.
Dem Dichter Izzet Yasar wird keiner vorwerfen, dass er uns mit bunten Idyllen langweilt. Seine Verse sind vielmehr sarkastisch, zupackend, frisch. Es sind Gedichte, die sich in der Tradition des Surrealismus wissen, aus einer Zeit, als dieser noch konfrontativ war, die Revolte wagte. Der engagierte Paul Éluard kommt bei Yazar zu Wort mit seiner »Poésie ininterrompue«, einer »Poesie, die keine Unterbrechung kennt«. Natürlich weiß Yazar, dass die Poesie jede Rettung verweigert. »fang gar nicht erst an mit diesem gedicht/ du wirst es bereuen« heißt es in seinem programmatischen Text, der nicht umsonst einen französischen Titel trägt: »Le poète raille« (der spöttische Dichter). Auch Yazar neigt zum Spott. Und beginnt bei sich selbst: »was ist ein gedicht schon anderes, als sich hinzulegen und mit seiner behaarung zu spielen«. Seine oft langzeiligen Gedichte atmen aber auch Sinnesfreude, erfreuen den Leser mit gewagten Metaphern und kühnen Konstruktionen. Gegen die herrschende Prüderie und Großmannssucht setzen sie die Geste eines irredentistischen Einzelgängers, der provoziert: auf ewig gesegnet sei der fluch der ausgestoßenen. Für den deutschen Leser die Entdeckung einer neuen Stimme aus dem noch unerforschten Kontinent der türkischen Poesie, kongenial übersetzt von Özlem Özgül Dündar.
Izzet Yasar: Durch meine Verse lasse ich lange Fische gleiten. Gedichte.
Übersetzung: Özlem Özgül Dündar. Verlag Wunderhorn, Heidelberg 2016.
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