poèmes en prose
André Hatting bespricht für das Deutschlandradio „Die romantischen Hunde“ von Roberto Bolaňo:
„Roberto Bolaňos Gedichte kommen mal im Parlando der narrativen Poesie daher wie im ersten Teil des Bandes oder als poèmes en prose, die auf jeglichen Zeilenfall verzichten. Oft sind es Erinnerungen an verstorbene Schriftstellerfreunde oder Situationsbeschreibungen des eigenen Elends im Exil, multiperspektivisch in einem "Kaladeidoskop" (Herbst in Gerona) aufgesplittet und ins Phantasmagorische gesteigert, aber immer wieder in die Wirklichkeit zurückgeholt: ‚Die reale Situation: Ich lebte allein in meinem Haus, war achtundzwanzig und gerade zurück aus der Provinz […].‘“
SONI
Ich bin in einer Bar, und einer hier heißt Soni
Der Boden voller Asche Wie ein Vogel,
wie ein einziger Vogel kommen hier zwei Greise
Archilochos und Anakreont und Simónides Elende
Mittelmeer-Absteigen Nicht lange fragen, was ich mach,
nicht daran denken, dass ich hier mit einer blassen reichen
jungen Frau zusammen war Trotzdem wurd ich rot, nur das erinnere ich,
die Scham, das Wort, das gleich nach Leere kommt
Soni! Soni! Ich hielt sie an den Schultern fest und rieb
meinen Schwanz an ihrer Hüfte Der Hund bellte auf der Straße
weiter unten war ein Kino, und als ich gekommen war
dachte ich »zwei Kinos« und wie der leere Archilochos, Anakreont,
Simonides mit Weidenzweigen sich umhüllen Der Mensch
sucht nicht das Leben, sagte ich, hielt ihre Schultern fest und
fickte sie wie ein Maschinengewehr Es knirschte etwas zwischen
den Hundeohren. Knacks! Wir sind verloren
Fehlt nur noch, dass du krank wirst, sagte ich Und Soni
lief weg von seinem Rudel Im Licht der schmutzigen Scheiben
erstrahlte er wie ein Gott, der Schreiber
schloss die Augen
Roberto Bolaňo: "Die romantischen Hunde. Gedichte" aus dem Spanischen von Heinrich von Berenberg und Christian Hansen. Hanser Verlag, München 2017
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