Flora vitalis
Hannah Höch: Berglandschaft (Quelle: Kunsthaus Apolda)
Hannah Höch (1889–1978) ist die wohl bedeutendste deutsche Künstlerin der klassischen Moderne. Im Rahmen der avantgardistischen Berliner Dada-Revolte proklamierte sie 1918 die Fotomontage als neue künstlerische Ausdrucksform und schrieb damit Kunstgeschichte. Heute gilt Hannah Höch nicht nur als Dada-Pionierin, sondern auch als zentrale Persönlichkeit der Kunst des 20. Jahrhunderts und als Wegbereiterin für eine junge Künstlergeneration, die nach dem Zweiten Weltkrieg an die revolutionären Utopien von Dada anknüpfte.
Hannah Höch war Malerin, Zeichnerin, Grafikerin, Kunsthandwerkerin und Collage-Künstlerin. Im Wechselspiel der Themen und Techniken schuf sie ein kraftvolles und ungewöhnlich vielgestaltiges Werk zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit. In ihm entfalten sich Stile, Motive und Medien, die von den Wurzeln im Kunstgewerbe über die Dada-Jahre bis zur Nachkriegsmoderne reichen.
Natur und Landschaft nehmen im Schaffen von Hannah Höch eine besondere Stellung ein. Lebenslang hat sie sich damit auseinandergesetzt. Ihr Werk zeigt, auf wie vielfältige Weise die Künstlerin aus dem Lebendigen schöpfte, Blühen und Vergehen, Wachsen und Sterben genau beobachtete und dem Thema medien– und stilübergreifend immer neue und überraschende Facetten abgewann. Fern von naiver Idyllik entwickelte das Florale eine ungeheure Vitalität, Lebenskraft und Dynamik. Hannah Höchs wacher, Abstand wahrender Blick auf die Natur war prüfend und realistisch, ironisch oder voll dunkler Melancholie, auch kämpferisch und stets verbunden mit einer nie versiegenden Neugier.
Die Ausstellung ist chronologisch in vier Kapitel gegliedert, die den großen Zäsuren in Leben und Werk der Künstlerin folgen, wobei Natur und Landschaft jeweils ganz eigene Ausprägungen erfahren:
Kindheit in Gotha und Studium in Berlin (1889 – 1918)
Weimarer Republik und künstlerische Reife (1919 – 1932)
Nazi-Diktatur, Krieg und visionäre Gegenbilder (1933 – 1945)
West-Berlin und kraftvoller Neuanfang (1946 – 1978)
Hannah Höch: Digitalis (Quelle: Kunsthaus Apolda)
Mit über 100 Werken umfasst die Ausstellung das gesamte gegenständliche und abstrakte Spektrum der Auseinandersetzung mit Natur und Landschaft von der Collage über die Malerei, Zeichnung und Druckgrafik bis zur Sonderform der „Minis“. Dabei zeigt die zeitliche Gliederung des Werks sowohl den unerschöpflichen Fantasiereichtum des Themas, seine Weiterentwicklung und Veränderung als auch den unterschiedlichen Stellenwert, den das Florale im Lauf der Zeit inhaltlich und formal im Schaffen Hannah Höchs einnimmt.
Dieser außergewöhnlichen Künstlerin, in deren Werk sich avantgardistisches Experiment und klassisches Naturstudium, Pflanzenkunde und Abstraktion nie ausschlossen, sondern miteinander ein Ganzes bildeten, widmet das Kunsthaus Apolda Avantgarde die Ausstellung FloraVitalis, in der erstmals Natur und Landschaft im Mittelpunkt stehen.
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