Enzyklopädie des Zarten
Der Blick auf das Zarte gelingt am besten vor einem dunklen Hintergrund. Das Photo stammt von der dem Projekt zugehörigen website "Über das Zarte".
Buchtip: Die »Enzyklopädie des Zarten« von Anne Brannys stellt eine einzigartige, betörende Auseinandersetzung mit der Zartheit und dem enzyklopädischen Denken dar. Die Autorin versammelt in ihrer Arbeit Alltägliches und Kurioses, Phänomene der Geistes- und Naturwissenschaften ebenso wie künstlerische Werke, um dem Begriff des Zarten nachzuspüren – auch dort, wo man ihn zunächst nicht vermutet. Atem, Erröten, Fleisch, Hasenherz, Rühr-Mich-Nicht-An, Sanftmut, Sollbruchstelle, Zorro; schon die Lemmata lassen die verführerische Vernetzung der beschriebenen Gegenstände und Sachverhalte erahnen, die sich auf wundersame und zugleich zwingend folgerichtige Weise zu einem fragilen Ganzen fügen. Literarisch-poetische Annäherungen, sanft-souveräne Betrachtungen und schillernde Facetten des Zarten. Dieser Streif- und Raubzug durch die Kunst, Literatur und Naturwissenschaft ist eine sinnlich-intellektuelle Versuchung, eine Entdeckung des Zarten in seiner verlockenden Vielschichtigkeit von A bis Z.
Annemarie Stoltenberg über das Buch im NDR: „Es ist tatsächlich ein Buch, bei dem man Hand anlegen darf. Leserinnen und Leser entscheiden, welche der vorne noch geschlossenen Seiten aufgeschnitten werden und welche versiegelt bleiben. "Japanischer Umschnitt" heißt der buchherstellerische Fachbegriff dafür. Der sogenannte "amerikanische" Umschlag des Buches kann aufgeklappt werden zu einem Poster und wird so zu einer Handreichung, die das Vorgehen von Anne Brannys erklärt.
Sie hat Begriffe gesammelt zum Thema Zartheit, und sie führt gleichzeitig beispielhaft das Funktionieren einer Enzyklopädie vor, indem sie die ganze Widersprüchlichkeit einer solchen Begriffesammlung aufblättert. Zart ist eben nicht nur zerbrechlich, es kann auch hart und verletzend sein. Die Texte, die sie zu Wörtern wie Blättern, Dünnhäutigkeit, Flüstern, Frühling, Haar, Hauch, Intuition, Lauschen, Leere, Samt, Sanftmut, Seide, Werwolf, Wolken oder schließlich Zweifel aufführt, haben untereinander Querverweise, die ebenfalls auf dem Umschlag als Grafik dargestellt sind.“
Anne Brannys: Eine Enzyklopädie des Zarten. Frankfurter Verlagsanstalt, 2017.
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