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Otfried Krzyzanowski

Redaktion: 

Der soeben frisch erschienene Versensporn Nr. 31 widmet sich dem vergessenen österreichischen Dichter Otfried Krzyzanowski (1886-1918).

Geboren am 25. Juni 1886 in Starnberg. Ende der 1890er Jahre zieht die Familie von München nach Wien. Im Februar 1907 Matura als Privatist am Hietzinger Gymnasium. Von 1906 bis 1910 Studium an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien. Abbruch des Studiums, um sich ganz der Literatur und dem Boheme-Leben zu widmen. Radikale Verweigerung einer bürgerlichen, auf Arbeit und Reglementierungen gründenden Existenz; Armut, bittere Not und Hunger. Seine Heimat werden die Kaffeehäuser, besonders das Café Central und später das Café Herrenhof. Ab 1912 Veröffentlichungen in den avantgardistischen Zeitschriften Der Ruf, Der Merker, Die Bücherei Maiandros, Der Anbruch, Der Friede sowie in der Wiener Lyrikanthologie Die Pforte. Pendelt zwischen Central und Herrenhof als „Allegorie des Nahrungsmangels“ (Alfred Polgar) und fordert von den Gästen seinen Lebensunterhalt ein. Als er Ende November 1918 den Kaffeehäusern fernbleibt und schließlich vermisst wird, fahnden die Freunde zu spät nach seinem Verbleib. Otfried Krzyzanowski stirbt am 30. November 1918, geschwächt durch Grippe und Unterernährung, im Wiener Allgemeinen Krankenhaus.

Das Heft bietet insgesamt 59 Gedichte. Neben dem vollständigen Abdruck des posthum erschienenen Gedichtbandes Unser täglich Gift wird auch verstreut Publiziertes ediert, ergänzt um Gedichte, die sich nur als Manuskript erhalten haben.

Exklusiv den Exemplaren der Abonnenten liegt auf Mini-CD die eigens für dieses Heft vorgenommene Aufnahme von vier Vertonungen von Krzyzanowski-Gedichten bei, die 1923 von Ernst Krenek vorgenommen wurden. Eine zweite Beilage gibt als Einblattdruck drei Krzyzanowski nachgerufene Texte von Otto Soyka, Alfred Polgar und Georg Fröschel.

 

MELANCHOLIE

Ein nacktes Jungfräulein hängt
An einem Galgen: das Blut, das von Mund und Nase
Und sonst herunter geflossen, bildet im Rasen
Eine rote Lache, die mählich schwarz gerinnt
So wie das Blut der lehmigen Pfützen umher
Mit der sterbenden Abendröte vergeht,
Sie sind: die Pfützen, die Augen der Dämmerung.
Doch gegen das weiße ungeküßte Knie des Weibes
Fliegt ein Rabe: Wie unmelodisch
Ein Rabenflügel sich gegen den Rasen zeichnet
Ehe die Dämmerung ganz herein ist.

 

Aus: Unser täglich Gift, 1919.

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