Düsseldorfer Erklärung – Wie geht es weiter?
Unabhängige Verlage fordern offene, kritische Diskussion und breiten kulturpolitischen Dialog
Im vergangenen Februar haben mehr als 50 Verlage die sogenannte „Düsseldorfer Erklärung“ verabschiedet, in der u. a. eine Förderung unabhängiger Literaturverlage gefordert wird.
Anstoß für diese Erklärung gab nicht nur die prekäre Lage, in der viele unabhängige Verlage arbeiten, sondern auch die in der Kulturpolitik verbreitete Haltung, dass Verlagsförderung nicht zu den Aufgaben der Kulturförderung gehört. Angesichts des massiven Strukturwandels, mit dem der Literaturbetrieb seit etlichen Jahren konfrontiert ist, hält die Düsseldorfer Erklärung fest, dass dieser Standpunkt nicht nur die prekären Verhältnisse in vielen unabhängigen Verlagen, sondern auch die kulturelle Leistung ignoriert, deren Förderung in anderen Sparten, zum Beispiel in der Filmbranche, eine Selbstverständlichkeit ist. Wie wichtig ihre Arbeit ist, zeigt sich dennoch immer wieder - jüngst zum Beispiel im Rahmen des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs, bei dem zwei der Preise an Autor*innen unabhängiger Verlage gingen.
Die vitale Rolle unabhängiger Verlage erhält angesichts der alarmierenden Entwicklung, wie sie die im Juni 2018 erschienene GfK-Studie „Buchkäufer – Quo vadis?“ des Börsenvereins aufzeigt, zusätzliches Gewicht: Wir stehen vor Herausforderungen, die ohne einen lebendigen, vielgestaltigen Literaturbetrieb, in dem die Mitwirkung unabhängiger Verlage dauerhaft gesichert ist, nicht bewältigt werden können. Die unterzeichnenden Verlage fordern daher die kulturpolitischen Entscheidungs- und Mandatsträger, insbesondere die Mitglieder des Kulturausschusses im Deutschen Bundestag, aber auch die Kolleginnen und Kollegen in den unabhängigen Verlagen auf, sich rasch und nachhaltig an der Diskussion über die Konzeption einer Förderung unabhängiger Verlage in Deutschland zu beteiligen und für die Transparenz des Geschehens einzutreten. Unser Appell richtet sich auch an die Medien, die wir ebenfalls in der Verantwortung sehen, diesen für die zukünftige Gestalt des deutschen Literaturbetriebs bedeutsamen Prozess aufmerksam und kritisch zu begleiten.
Bonn, 24. Juli 2018
Die unterzeichnenden Verlage:
Christoph Haacker, Arco Verlag • Alexander Wewerka, Alexander Verlag • Jan Karsten, Culturbooks • Helge Pfannenschmidt, edition Azur • Silke Weniger, editionfünf • Franziska Otto, Edition Nautilus • Margitt Lehbert, Edition Rugerup • Ingo Držečnik, Elfenbein-Verlag • Dincer Gücyeter, Elif Verlag • Dr. Thomas Pago, Elsinor Verlag • Sebastian Guggolz, Guggolz Verlag • Michael Wagener, Gutleut Verlag • Laura Jacobi, Homunculus Verlag • Josef Kleinheinrich, Kleinheinrich Verlag • Hubert Klöpfer, Klöpfer & Meyer • Daniela Seel, Kookbooks • Axel von Ernst, Lilienfeld Verlag • Gerdt Fehrle, Louisoder Verlag • Daniel Beskos, Mairisch Verlag • Sarah Käsmayr, Maro Verlag
Kommentare
Unterstützung der Forderungen
Die kulturpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Simone Barrientos unterstützt die Forderungen der Düsseldorfer Erklärung: Es braucht eine umfassende Förderung des unabhängigen Verlegens in Deutschland. Verlagsförderung ist Kulturförderung.
»Wir brauchen eine Verlagsförderung in Deutschland. Sonst werden schon bald von den 3000 Verlagen nur noch 20 übrig bleiben. Dabei sind es besonders die unabhängigen Verlage, die eine kulturelle Bereicherung darstellen. Sie verlegen Bücher, in denen mit literarischen Formen experimentiert wird, unbekannte Themengebiete erarbeitet werden und Autor*innen Gehör finden, deren Stimmen oft unerhört bleiben. Unabhängige Verlage sind ein Ursprung kultureller Vielfalt. Dies gilt es anzuerkennen und zu fördern.
Die Arbeitsweise in den unabhängigen Verlagen ist oft prekär. Mit nur wenig bis keinem Gehalt arbeiten Verleger*innen und Mitarbeiter*innen an den Projekten, oft gibt es keine firmeninternen finanziellen Rücklagen. Bei Gesetzsänderungen und Richtlinien wird die Realität der unabhängigen Verlage nicht mitgedacht.
Die Unterzeichnerin der Düsseldorfer Erklärung forderten in ihrem Schreiben die Mitglieder des Kulturausschusses im Deutschen Bundestag auf, sich an der Diskussion über die Konzeption einer Förderung unabhängiger Verlage in Deutschland zu beteiligen. Als Obfrau für die Fraktion DIE LINKE im Bundestag unterstütze ich diese Forderung. Im Rahmen eines Fachgespräches der Fraktion DIE LINKE mit Vertreter*innen der Branche haben wir konkrete Forderungen erarbeitet.«
Die Forderungen des Fachgesprächs "Herausforderungen des unabhängigen Verlegens":
- Bundesweiter Verlagspreis
- Mehrwertsteuersatz auf Ebooks reduzieren
- Bücherversand erhalten
- Bezahlbare Wohn- und Arbeitsräume für Verleger*innen und Autor*innen
- Leistungsschutzrecht auch für Buchverlage
- Non Profit Publishing: Verlage sind nicht nur als Wirtschaftsunternehmen zu begreifen
- Übersetzungsförderung ausbauen
- Bildungsarbeit – Wir brauchen eine gute Leseförderung und Literaturbildung
- Kreditvergabe KfW auch bei niedrigen Kredithöhen ermöglichen
- Sozialhilfeempfänger*innen Zeitungsabos und den Kauf von Büchern ermöglichen (Staatlicher Bildungsauftrag)
- Kultur ins Grundgesetz, Kultur als Staatsziel ins Grundgesetz
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