Nichtrecht haben wollen
Neu bei S. Fischer und ab Mittwoch im Handel:
Quer über die Gleise kann man auf viele Weisen gehen. In der Literaturtheorie war eine Weile vom »offenen Kunstwerk« oder von »offenen Gedichten« die Rede. Man dachte an Textsorten und andere Kunstarten, die ihre Partien eher lose miteinander verbinden und dabei die etablierten Gattungsgrenzen kreuzen. Warum sollte es nicht auch eine offene Philosophie geben, die ihre Form darin findet, mit den Formen dieses Metiers zu spielen? Schließlich ist Philosophieren eine Kunstart, die weniger als jede andere auf ein bestimmtes Genre festgelegt ist. Hier wie in den anderen Künsten sind Verdichtung und Entzerrung zwei Triebkräfte ein und desselben Prozesses.
Müssen Philosophierende jederzeit recht haben wollen, selbst dann, wenn sie schreiben? Nein, antwortet Martin Seel: Sie müssen es nicht, wenn sie so frei sind, Gedankenspiele zu spielen, ohne Angst vor den Abenteuern der Künste zu haben. Wie das geht, führt dieses Buch aus der Perspektive der halb fiktiven, halb realen Figur dessen, der es gerade schreibt, in drei Runden vor. Die erste erkundet Wege, dem Zwang zum Rechthabenwollen zu entkommen. Die zweite überlässt sich diesen Abwegen in einem Feuerwerk von Gedanken und Bildern. Die dritte erzählt davon, wie es dazu kam, dass der Autor jemand geworden ist, der nicht mit sich im Reinen sein möchte. Auf dem schmalen Grat zwischen Philosophie und Literatur entwickelt sich so ein zugleich philosophischer und literarischer Versuch über das Verhältnis beider Schreibarten und ihrer Stellung zum übrigen Leben.
Martin Seel: Nichtrechthabenwollen. Gedankenspiele. S. Fischer Verlag, 2018
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