The Ghetto, and other Poems [2]
Gesichter
Ein verspäteter Schnee
Schlägt mit kalten weißen Fäusten auf die Wohnungen –
Eilfertig lassen sie Jalousien und Rollläden herunter,
Wie große alte Vetteln
Schürzen über ihre Köpfe ziehen.
Die Mott Street schickt schräg ihre Lichter aus,
Sie schnattern heraus
Oder tröpfeln durch Schankstubenritzen,
Anonyme Gestalten,
Die sich hinter den Schotten verschwören,
Herumtollen und verschwinden …
Wo die Bowery
Pocht wie eine Fistelstimme,
Zurück von ihren vom Eis verschorften Fronten.
Bleiche Gesichter
Flimmern in verstohlenen Eingängen,
Oder sie schwappen aus den schwarzen Taschen der Gassen,
Schmierspuren von Gesichtern, ein Durcheinander von Perlen,
Die einen grässlichen Rosenkranz bilden,
Über den die Nacht brummelt
Und der Schnee mit seinem teuflischen und seidenweichen Geflüster …
Geht auf Streife unter Bogenlampen,
Bläst gellende Böen über die Schlange der Bedürftigen,
Sie stellen ihnen nach im Vorübergehen,
Still, als ob die Dunkelheit sie entbunden hätte,
Und der Wind schnuppert zwischen ihnen
Wie ein Stinktier,
Das nach dem Herzen schürft …
Kälter:
Und die Hochbahn scheppert auf die Stille
Wie eine massive Tür.
Dann ist alles wieder ruhig,
Außer dem Wind, der die
Hohl schwankenden Gesichter befummelt –
Der Wind, der herumstöbert
Wie ein alter Jude …
Gesichter, schimmernd aufgereiht …
(Kein Hinweis auf das erbärmliche Leben –
Nicht mal eine Gotteslästerung … )
Aber die spindeldürren Beine halten Schritt
Mit einem lahmenden Rhythmus,
Und die Schatten zucken auf dem Schnee,
Konvulsivisch –
Als ob der Tod
Mit ein paar ungelenken Puppen spielte.
Faces
A late snow beats
With cold white fists upon the tenements -
Hurriedly drawing blinds and shutters,
Like tall old slatterns
Pulling aprons about their heads.
Lights slanting out of Mott Street
Gibber out,
Or dribble through bar-room slits,
Anonymous shapes
Conniving behind shuttered panes
Caper and disappear...
Where the Bowery
Is throbbing like a fistula
Back of her ice-scabbed fronts.
Livid faces
Glimmer in furtive doorways,
Or spill out of the black pockets of alleys,
Smears of faces like muddied beads,
Making a ghastly rosary
The night mumbles over
And the snow with its devilish and silken whisper...
Patrolling arcs
Blowing shrill blasts over the Bread Line
Stalk them as they pass,
Silent as though accouched of the darkness,
And the wind noses among them,
Like a skunk
That roots about the heart...
Colder:
And the Elevated slams upon the silence
Like a ponderous door.
Then all is still again,
Save for the wind fumbling over
The emptily swaying faces -
The wind rummaging
Like an old Jew...
Faces in glimmering rows...
(No sign of the abject life -
Not even a blasphemy...)
But the spindle legs keep time
To a limping rhythm,
And the shadows twitch upon the snow
Convulsively -
As though death played
With some ungainly dolls.
Aus: Lola Ridge: The Ghetto, and Other Poems. Huebsch, 1918
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