Wagnisse, auf gewisse Weise cool.
Ich geb es zu, es fällt mir manchmal schwer, die leichte Muse zu genießen. Nicht dass ich sie dafür verachte, aber ich bin hin und wieder neidisch, weil es die Muse derart leicht macht, dass sie sich von Überlieferungen einfach tragen lassen kann. Deshalb passen ja Hip Hop und Barock so gut zusammen, und auch Gott und das Telefon. Die leichte Muse benutzt also gewissermaßen technische Hilfsmittel wie den Reim einfach so. Einfach so heißt aber auch, dass sie eben jene sagen wir Gehilfen gar nicht spürt, als wäre sie mit ihnen verwachsen, als wäre das reimende Hinken eine ganz natürliche Bewegungsart, weil es wie ein Tänzeln aussieht. Ein junger Mann mit Kopfhörern auf der Frankfurter Hauptwache (S-Bahnstation) im Berufsverkehr. Was will man ihm vorwerfen? Was will man dem Reim also vorwerfen? Dass er es sich zu leicht macht?
Vor mir liegt ein Bändchen mit Gedichten von Dietmar Dath, bisher bekannt als Romanautor, Chefredakteur der Spex und Redakteur der FAZ. Erschienen ist das Buch in der altehrwürdigen Connewitzer Verlagsbuchhandlung Peter Hinke, die man für ihren rückhaltlosen Einsatz für zeitgenössische Lyrik gar nicht genug loben kann (an dieser Stelle ein Danke Peter!)
Das Bändchen enthält eine Reihe von Gedichten, die es rein aufgrund des Wortmaterials und der technischen Terminologie mit der Zeitgenossenschaft sehr ernst meinen. Dieses in der heutigen Zeit Sein steht meist in einem merkwürdige Gegensatz zu den tradierten Formen, die die Gedichte benutzen. Das geht zuweilen auf und eröffnet einen Bedeutungs- und Reflexionsraum wie in dem Text „Editorial Content“, und es geht zuweilen schief, weil das neue Material der Tradition nicht gewachsen zu sein scheint, bzw. derart überdeckt wird, dass es als Neues nicht zur Entfaltung kommen kann („Karte Zwei Schwerter“). Insofern gehen Daths Gedichte immer wieder ein Wagnis ein, und sie scheinen mit einem möglichen Scheitern zu rechnen, und das macht sie auf eine gewisse Weise auch, und hier sei dieses Wort gestattet: cool.
Sehr gefielen mir eine Reihe von Porträtgedichten. Eines ist auf den „Freund Jens“ geschrieben, und am Ende des Bandes findet sich ein Antwortsonett des Musikers Jens Friebe (Sonett für D.D.) Das gibt dem Bändchen etwas schönes unaufgeregt Privates.
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