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Komm! Ins Offene haus für poesie
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Komm! Ins Offene haus für poesie
Kritik

Sushi und Forellen

Hamburg

Der Herausgeber des Buches verneigt sich vor Brautigan, und ich verneige mich gern mit. Auch wenn das Büchlein eher zum Anfüttern dient als zum sattessen. Aber das ist, scheint mir, auch seine Intention.

Es war Anfang der achtziger Jahre, Brautigan lebte also noch, aber wir, meine Freundinnen und Freunde und ich, wussten wenig von ihm, nur sein Forellenfischen in Amerika galt uns als Pflichtlektüre und im Gegensatz zu Kerouacs On the road, das auch zum jugendlichen Kanon eines ostdeutschen Trampers gehörte, hatten wir es von der ersten bis zur letzten Seite gelesen, und zwar mehrfach, weil wir uns die wichtigsten Passagen, die abgedrehtesten Stellen also, wenn Gelegenheit war, gegenseitig vorlasen.

Brautigan ist 1935 in Tacoma/ Washington geboren und lebte in Tokio und den USA. 1984 starb er auf seiner Ranch in Bolinas/Kalifornien durch Suizid. Er galt als Vertreter des Westküsten-Underground, und allein dieses Wort wirkte auf uns wie eine Zauberformel.

Mit der Pubertät allerdings legte ich vorübergehend auch Brautigan zur Seite, aber eben nur vorübergehend, denn einer meiner Kommilitonen am Deutschen Literaturinstitut trug später den Roman „Die Abtreibung“ vor sich her wie ein Schild, und las, wenn Gelegenheit dazu war, daraus vor. So habe ich diesen Roman zu 50 Prozent gehört und den Rest selbst gelesen. Und jetzt bekam ich das vorliegende schmale Bändchen in die Hand. . . . . . /. . . . . . .  Ausgewählte Werke.

Die titelgebende Ansammlung von Punkten ist ein Zitat aus dem Gedicht Erdbeerhaiku und verweist auf die über den ganzen Band verteilten Japangedichte. Brautigan hat lange Zeit in Japan gelebt, ohne die Landessprache zu sprechen, was zu  melancholischen  und zuweilen äußerst reduzierten Texten führte, die aber gerade dadurch geradezu antikische Kraft gewinnen.

Der Herausgeber Markus Klose hat eine Anzahl von Gedichten mit Prosatexten kompiliert, die, obgleich Romanauszüge, in ihrer Knappheit auch als Kurzprosa wirken. Sie machen Lust auf mehr.

Für mich ist das Bändchen eine Erinnerung, die mich allerdings nach zwei Seiten Lektüre derart verzückte, dass ich sie komplett las und vor Augen geführt bekam, welch großartiger lakonischer Dichter Brautigan ist. Und diese Anthologie macht Lust, ihn wieder und wieder zu lesen.

Richard Brautigan · Markus Klose (Hg.) · Günter Ohnemus (Hg.)
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Ausgewählte Texte
Übersetzung:
Günter Ohnemus
Hoffmann und Campe
2012 · 128 Seiten · 12,00 Euro
ISBN:
978-3-455404098

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