Aus Rose Ausländers Frühwerk
Rose Ausländer, in Czernowitz geboren, als dort noch das Schwarz-Gelb Habsburgs wehte, gehört heute zu den Klassikern des 20. Jahrhunderts, und zwar aufs Unverstaubteste. Daran einen großen Anteil hat Helmut Braun, der sie vor dem Vergessen bewahrte, die trotz großer Erfolge bei der Kritik doch erst durch ihn zu ihrer Leserschaft kam, nachdem die Geschicke ihrer Lebensfrist sie unentwegt zu Neuanfängen und sogar Sprachwechseln genötigt hatten. Im Rimbaud-Verlag, der sich um die Bukowina und hier vor allem die Erstlinge der Autoren jenes Landstrichs verdient gemacht hat, hat nun Braun den ersten Band der Ausländer ediert, den Regenbogen aus dem Jahr 1939.
Dieser Band, den Rose Ausländer später, da ihr die Interventionen Margul-Sperbers, der auch einige Gedichtüberschriften beisteuerte, ebenso wie die teils sehr konservativ Form offenbar mißbehagten, der Nachwelt vorenthalten wollte – sie leugnete, von der Existenz auch nur eines Exemplars zu wissen, obwohl sich deren eines im Nachlaß befindet1 –, ist doch die erste große Talentprobe, die vielleicht nicht immer das volle Maß der reifen Dichterin erreicht, aber allenthalben ahnen läßt: Hier ist ein großes Potential. Selbst dort, wo sie sich an Trakl oder Hölderlin merklich anlehnt, vermag sie dies auf ihre Weise zu tun, worin dem Fremden eine Aneigung widerfährt, und zwar eine überzeugende, stimmige.
Der Band, der mit Ins Leben anhebt, worin sich die berühmte Metapher „schwarzer Milch” (7) findet, ist ein lesenswertes Dokument einer Selbstfindung – und aus der Gesamtausgabegelöst liest er sich naturgemäß anders, ist sozusagen in seinem ureigenen Kontext, was die Dichterin in den 30er Jahren dichtete. Auch ist der Band wegen des kompetenten Kommentars zu empfehlen, mit dem Braun den Band informativ beschließt. Hier werden Genese und Einflüsse wie Korrespondenzen erhellt, eine Handreichung, die wertvoll ist.
Rose Ausländer war eine der wichtigsten Stimmen des bewegten letzten Jahrhunderts, darum nie eine Klassikerin, wo sie es doch in ihrer Maßgeblichkeit war. Darum ist sie von Beginn an lesenswert, wie dieser Band zeigt – und das bis heute, gewiß aber auch in jedem Morgen.
- 1. – wo er auch eingesehen werden kann, s. auch www.roseauslaender-stiftung.de.
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