Fragen ausloten verboten
Niemand traut sich mehr, die Frage zu stellen, was gute Kunst ausmacht. Nicole Zepter zeigt mit lustvoller Polemik, dass die Ablehnung von Kunst heutzutage ein Tabu ist, und sie nennt die Gründe, warum das System so festgefahren ist. »Kunst hassen« geht direkt an den falschen Respekt, der den Betrachter für dumm erklärt.
Wieso müssen wir Kunst bewundern, die uns langweilt? Weshalb sind viele bekannte Künstler sofort bedeutend? Und warum glauben wir überhaupt einem Museum? Dieses Buch zeigt, wie der moderne Kunstbetrieb darüber bestimmt, was wir heute als Kultur wahrnehmen – und warum wir uns damit abfinden. Es beschreibt das System hinter den Besuchermassen erfolgreicher Ausstellungen und hochgehandelten Kunststars. Es zeigt, wie unser Vertrauen in Autorität, der Glaube an das Kunstgenie und ein kleiner Kreis von Galeristen und Sammlern uns anleiten, das als Kunst zu bewerten, was uns vorgesetzt wird. »Kunst hassen« ermächtigt den kunstinteressierten Laien oder Experten, seine Ehrfurcht vor der Kunst abzulegen, um sich ein eigenes Urteil zu bilden. Es erzählt von einer enttäuschten Liebe, die ihre Objekte der Begierde zurückgewinnen will.
Gerade in der 4. Auflage erschienen: Nicole Zepter „Kunst hassen – eine enttäuschte Liebe“ im Verlag Tropen bei Klett-Cotta. Nicole Zepter im Interview.
Leseprobe: "So steht man in einer Berliner Galerie vor einer irgendwo schon einmal gesehenen Aneinanderreihung zusammengenähter Stoffreste, die mit Strumpfhosen zu einem Zelt gespannt sind. Dann sieht man auf den Pressetext und liest: »Dwyers Interesse gilt seit mehreren Jahren dem Okkulten.« Daneben eine Glitzerpapier Installation.Einer der Reifen aus Silberfolie hat sich gelöst und klebt unter der Decke. Man liest weiter: »Die aktuelle Installation hebt ihr Interesse an Magie und Parallelwelten auf ein neues Niveau.« Wenn man dann in der nächsten Ausstellung vor einer Leinwand steht, die eine Holzhütte im Wald zeigt und liest, »dass innerhalb des Abstrakten eine dürre Landschaft erblüht und eine explizite Zeichensetzung die Darstellung mit allegorischen Referenzen anfüllt, die zum Beispiel auf Gewalt, eine entfremdete und emotional los gelöste Jugend, die Psychoanalyse, Träume oder die Philosophie der Frankfurter Schule (Fromm, Adorno) sowie das Unheimliche anspielen«, dann fragt man sich, wie viel Dummheit und Arroganz hinter diesen Worthülsen stecken muss."
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