Typing Grosz
Links: George Grosz, Whisky, 1918, Aus der Mappe "Ecce Homo", Farbiger Offsetdruck, Rechts: George Grosz, Ach knallige Welt, du seliges Abnormitätenkabinett, 1916, Aus der Mappe "Ecce Homo", Farbiger Offsetdruck © Estate of George Grosz, Princeton, N.J. / VG Bild-Kunst 2014
Ach knallige Welt, du Lunapark,
Du seliges Abnormitätenkabinett,
Paß auf! Hier kommt Grosz,
Der traurigste Mensch in Europa,
"Ein Phänomen an Trauer".
Steifen Hut im Genick,
Kein schlapper Hund!!!!
Niggersongs im Schädel,
Bunt wie Hyazinthenfelder,
Oder turbulente D-Züge,
Über rasselnde Brücken knatternd -
Ragtimetänzer,
Am staketenzaun wartend mit der Menge
Auf Rob. E. Lee.aus: George Grosz "Gesang an die Welt"
Am 28. Juli 1914 jährt sich der Beginn des Ersten Weltkrieges zum hundertsten Mal. Aus diesem Anlass widmet das Buchheim Museum seine Sommerausstellung dem Berliner Zeichner und Maler George Grosz (1893-1959) und dessen Verarbeitung des traumatischen Kriegserlebnisses. Kein anderer setzt so drastisch die »Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts« und ihre gesellschaftlichen Folgen ins Bild wie er. Grosz liebt die Kombination von Grauen und Humor. Das Groteske wird für ihn zum wichtigen stilbildenden Mittel. Seine dichten, simultanen Bilderzählungen durchleuchten mit kritischem Röntgenblick das Geschehen. Mit seinem »messerscharfen Strich« ist er der schärfste Kritiker der Nachkriegszeit und der Weimarer Republik. Seine grafischen Mappen und Illustrationen für Zeitschriften sowie öffentlichkeitswirksame Prozesse wegen Beleidigung der Reichswehr und Verletzung der bürgerlichen Moral machen ihn in den 1920er Jahren zum bekanntesten deutschen Künstler.
Die von ihm geprägte »George-Grosz-Type« ist in aller Munde: der Kriegsgewinnler mit Stiernacken und Zigarre, der Gauner mit blauem Auge, die halbentblößte Hure, der preußische Hauptmann, der feiste Spießer, der korrupte Kleriker und der hochdekorierte Kriegsversehrte. Sie beherrschten den gesellschaftskritischen Diskurs seiner Zeit – und illustrieren bis heute in Schulbüchern die Geschichte der Weimarer Republik. Tatsächlich vermag Grosz’ künstlerische Stärke noch Jahrzehnte später die grausamen Dokumentationen des Krieges um die Perspektive des menschlich-subjektiven Erlebens zu erweitern. Er gilt als bedeutender Zeuge der bewegten Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Trotz aller Bitterkeit ist Grosz’ »knallige Welt« dank einer elegant verknappten Linearität und einer dramatischen Farbgebung von schillernder Schönheit.
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