Tausend Seiten Notizen
Neu bei Wallstein:
Ludwig Hohl ist noch in Erinnerung als der eigenwillige, unter aufgehängten Zetteln in einem Genfer Keller hausende Denker. Anna Stüssi erzählt die wilden Jahre des Unterwegsseins, die dieser Sesshaftigkeit vorausgingen.
«Es kommt nur darauf an, irgendwo zu beginnen, nicht, am Anfang zu beginnen: da es ja keinen Anfang gibt.»
[ Die Notizen II, 108 ]
Ludwig Hohl fand erst im Alter die ihm gebührende Anerkennung. Sein Denken in Fragmenten, entlang der Zwischenräume und Ränder des Bewusstseins, ist von erstaunlicher Modernität, entwickelt in den Zwanziger- und Dreißigerjahren, aus Heimatlosigkeit.
Die Biographie von Anna Stüssi rückt diese Zeit ins Zentrum. Der junge Hohl flieht aus der Enge der Schweiz zunächst zum Pariser Montparnasse. Ruhelos ist er unterwegs, weiter in die Alpen, nach Marseille, Wien und schließlich ins stille Den Haag, wo er den Durchbruch zu seiner ganz eigenen Denkform erlebt. Als er aus finanzieller Not 1937 in die Schweiz zurückkehrt, trägt er im Gepäck sein fast vollendetes Werk: tausend Seiten »Notizen«.
Anna Stüssi hat aus mehrheitlich unpublizierten Quellen geschöpft. Entstanden ist das einfühlsame Porträt eines Menschen, der das Leiden an sich selbst, an Freunden und Geliebten und den bedrohlichen Zeitumständen kontinuierlich verarbeitet und mit großer poetischer Kraft transformiert.
Anna Stüssi: Ludwig Hohl. Unterwegs zum Werk. Eine Biographie der Jahre 1904-1937.
„Nachdem sich der junge Hohl einmal für eine Schriftstellerexistenz entschieden hatte, war er um keinen Preis mehr gewillt, eine andere Tätigkeit auszuüben als die des Denkens und Schreibens, selbst als er einsehen musste, dass er vom Schreiben allein nicht leben konnte. Er empfand es laut eigener Aussage als eine "Infirmität", dass er in Not lebte. Vermutlich auch aus Not schrieb Hohl in Winzigschrift und in engstem Zeilenabstand kleinformatige Hefte bis an alle Ränder voll. Seine ersten Produktionen als Schriftsteller präsentieren sich auf diese Weise, 30 Hefte, "Epische Schriften" bzw. "Grundschriften" genannt. Manuskripte oder Typoskripte heftete er eigenhändig und sorgsam und versah sie mit einem selbst angefertigten Einband, etwa das sogenannte dreibändige "Grundmanuskript" der Notizen, d.h. er fertigte gleichsam aus dem Typoskript ein 'Buch' an, bevor es als Buch herauskam. Solche Unikate bewahrte er bis zum Tod auf oder gab sie seinerzeit, d.h. vor dem Zweiten Weltkrieg, bei Freunden und Freundinnen in Verwahrung.“ www.ludwighohl.ch
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