Tönen im Weltinnenraumsound
Foto:privat
Angelika Overath vorgestern in der NZZ über den neuen Gedichtband von Nadja Küchenmeister:
„Das Gedicht bleibt Sang, im Klang ein Trost. Die Autorin flirtet mit Terzinen und Bennschem Parlando, gestaltet Rondobögen, Zeilen kehren wieder und erhalten im Echo einen spielerisch neuen Sinn. Es sind sprachfromme, dinggläubige Gebete, «briefe nach hause» in eine verlorene Vergangenheit, die ewig aufleuchten soll. Nirgends wird Welt sein wie damals. Rilke also, T. S. Eliot, W. G. Sebald, Jandl, Benn und Baudelaire, Tom Waits und die Beach Boys. Und Dante. Schreiben heisst hineinschreiben in den Weltinnenraum-Sound des 21. Jahrhunderts und den eigenen Ton im hohen Summen finden.
In diesen Versen von Nadja Küchenmeister kommt ein grosses, letztlich romantisches Vertrauen (an das Lied, das Schlafendes weckt) zusammen mit einem grossen Ausgesetztsein. Sorgfältig federt sie die Andacht ab durch einen schnoddrigen Ton, der Frische gibt: «der morgen war übel, richtig übel», bevor das Liebesgedicht in der melancholischen Coda ausklingt: «wenn etwas heilen, wirklich / heilen kann, dann ist das morgenlicht bestimmt ein teil davon.» Und der Leser begreift, es ist das Sprachlicht, die Sonne ihres Tons («aus dem mond und aus dem mund»), die sie noch über das «waste land» eines ehemaligen Truppenübungsplatzes im österreichischen Waldviertel legt oder auf ein Bahnhofareal in Mecklenburg, wo nicht das Reisen, sondern das Entgleisen des Lebens durch den Glanz der Aufmerksamkeit seine Würde erhält.“
Nadja Küchenmeister: Unter dem Wacholder. Gedichte. Verlag Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2014.
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