Fährgeld in 6. Auflage
Buchcover: Fährgeld für Charon, Merlin Verlag
Jan Skácel ist ein Dichter aus Mähren. Trakl und Huchel sind seine Vorbilder. 1989 erhielt er den Petrarca-Preis. Helmuth de Haas schreibt 1967 anlässlich der ersten Auflage von "Fährgeld in Charon" in der "Welt der Literatur": "Jan Skácel ist ein hellsichtiger, bildkräftiger Poet... Er hat die äußerste Verkürzung von abstrakter und konkreter Wirklichkeit erreicht und blickt zufrieden wie ein Kormoran; mehr nicht, mehr gibt es nicht. Mehr muss denn auch nicht sein..." Vor kurzem ist die 6. Auflage erschienen.
Jan Skácel - FÄHRGELD FÜR CHARON. Gedichte, aus dem Tschechischen von Reiner Kunze. Merlin Verlag.
EMPFINDSAM UND NOCH EMPFINDSAMER
Für den alten aberglauben und für so kluge ohren,
fürs radar der sommernächte unter den linden,
für die häßlichkeit des eigenen antlitzes
schlugen einst die menschen die fledermaus ans tor.
Mit dem stift durchdrangen sie die dünne haut der flügel,
die kleine leiche hing zerknittert in der stille,
und das schamvolle entsetzen, seidenglatt,
rauschte lange auf den kleinen fallschirmen der glocken.
Warum trag ich dieses marterbild in mir,
und warum prüfe ich, bevor in einem neuen haus ich
um nachtlager bitte, aufmerksam und lange
die pfosten an der haustür,
im holz nach nagellöchern suchend?
Ich bin nur ein dichter, ein radar unter den linden.
Nicht an mir ist’s zu antworten. Ich frage.
Mehr über Jan Skácels Fährgeld für Charon beim immer wunderbaren planetlyrik.
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