Die Türen klappern und die Eulen kauzen, sie erledigen ihr finsteres Mahl. In den Katakomben wären sie die Herrscher der klandestinen Welt, auf den Bäumen sind sie die Augen der Nacht, denen das Flirren der vom Irrlicht angestrahlten Insekten die Straße in den Nebel ist.
Aus den Schornsteinen schälen sich die Gespenster der Holzrinde in hellgraue Mäntel. Ihr Ziel ist, wie so oft, das Nirgendwo.
Nur mich treibt es über das unebene Plastrum hinaus, und ich wundere mich, daß ich unbehelligt fliehe, ohne ein forsches Tempo anzuschlagen, ohne die unzureichenden Sinne auszufahren, um die Schatten zu deuten, die gemütlichen Gerüche, die aus schlecht schließenden Fenstern schleichen, von den ätzenden Salben der Gefahr zu unterscheiden. Das stille Wunder der Nacht verschluckt mich an Ort und Stelle, unsichtbar, weil ich mich unsichtbar denke. Nur die Arglosen sowie Kinderseelen könnten mich jetzt noch entdecken, wie ich mich aufmache in die jenseitige Welt, die für mich nicht schwer zu erreichen ist durch das Pfand, das ich bei mir trage.
Aber auch die würden mich nur in einem Traum wie ein Schemen finden, das Grauen in ihnen auslöst ohne Grund, so daß sie sich weigern, allein zu schlafen und darum bitten, es möge eine Kerze scheinen, ihren Atem bewachen, die Tür angelehnt, die Schränke verschlossen, denn vielleicht kröche ich aus dem Gewühl des Unaufgeräumten.
Ohne Grund, nur aus der tiefen Ahnung des Todes heraus, den sie in Gedanken vorwegnehmen und sich damit zeichnen all ihr Leben lang. Es wird dieses Bild sein, daß sie auf ihrem Sterbebett imaginieren, daß ihnen sagt: „Alles ist bar jeder Hoffnung. Kein Licht wird dich erretten, wenn du fällst in meine dunklen Schwingen:“
Nichts Sensationelles gebührt mir, keine Chronik verbindet meinen Namen mit Papier, ich fürchte gar, man sieht mich an und vergißt mich gleich beim nächsten Augen=Niederschlag. Wie schwarze Materie vermutet man mich in leeren Häusern, verlassenen Orten; man spricht mit mir über die Wunder dieser Welt, als wäre ich ihnen näher. Doch ich bin nur der Wanderer, der flieht, auch wenn niemand sich hinter mir zeigt.
Und ich wundere mich, daß ich unbehelligt bin, obwohl ich diesen Kopf bei mir trage, der mit Tropfen statt mit Krumen den Weg mit Abschied füllt. Kalt die Lippen, kalt das Glas der Augen, Wund der ferne Körper.
Vielleicht träumt mich jemand vor sich her und wünscht, daß all dies geschähe. Vielleicht bin ich nur das fahle Blatt eines Gedankens der Wut, der Hilflosigkeit, deren Schild die Gewalt ist, deren Dreizack der Atem der Verwünschung ist, unachtsam aus der Niederung formuliert. Vielleicht aber bin ich die Tat und die Bewegung des Ungesagten. Der beginnende Regen spricht mich frei von der Kälte, die durch Wände kriecht.
- von Michael Perkampus
in GrammaTau