In Málaga ist Carnaval. Junge Mädchen ziehen meist zu viert in Gruppenverkleidung durch die Altstadt. Vier Engel, vier Krankenschwestern, vier Fußballfans. Es hat einen Hauch von Manga, einen Hauch von Erstsemesterritual, obwohl die Mädchen noch weitaus jünger sind. Zwischen 16 und 18 schätzungsweise. Der Rest der Menschen ist in normaler Freitagabendausgehkluft. Auf dem großen Platz werden später Drag Queens gekürt. Ich sehe Erwachsene, kleine Spanier, kleine Spanierinnen, durchaus auch mal aufgemacht. Ich bin heute Abend der größte Mann in dieser Stadt. Leider habe ich Kopfschmerzen, dann Rückenschmerzen, und warte eigentlich nur auf die Wirkung der Ibu. Kein guter erster Tag, aber die Luft ist gut, und der Geruch nach Meer.
Das Hotel steht in einer eher abbruchreifen Gegend. Überhaupt ist Málaga kein Schmuckstück von Stadt; allein die Altstadt wurde aufgehübscht und zur übergroßen Fußgängerzone entwickelt. Irgendwo steht eine große Burg, irgendwo steht eine Kathedrale. Ich suche morgen danach. Davor steht ein großflächiger Hafen – vom Hotel aus werden Touren nach Afrika angeboten, Tanger, Marokko, für 78 Euro inklusive Essen. Im Reiseführer heißt es, die Stadt habe sehr unter dem Bürgerkrieg gelitten. Außerdem steht da folgender Satz: “Die Geburtsstadt von Pablo Picasso bemüht sich um einen Ruf als Kulturmetropole.”
Die Wolken da schicken sich an, dunkel zu werden
und die Regierungskreise hassen es, berührt zu werden
Befinden: schwankend bis furchtbar. Wie immer, wenn ich alleine reise, kommt der Gedanke auf: Was mache ich hier eigentlich? Soll es meine letzte Reise sein, ich meine, die letzte, die ich alleine mache? Hoffentlich. Schon die Amerikanerin im Bus vom Flughafen meinte: “How brave you are to travel alone.” – Interessante Kommunikationsstrategie übrigens: Immer zuerst mit einem Kompliment beginnen. “I like your map!” Was soll man dazu sagen? Dann zwei, drei interessierte Fragen – schon ist man im Gespräch. Tiefe und Verbindlichkeit werden natürlich trotzdem vermieden. (Ein Ehepaar aus Idaho, circa Anfang 50, via Berlin gekommen. Sie fanden Berlin schön – aber auch grau und schmutzig, und die Luft war schlecht. Letzteres fällt mir gar nicht mehr auf: There is smog above the city.) – Und ich sehe wie gesagt nur junge Menschen, junge Leute zwischen 15 und 30, und dann ältere, Menschen ab 45, manchmal auch Eltern, aber irgendwie habe ich ein komisches Gefühl meiner Altersgruppe gegenüber: Wo sind sie denn, die Anfangvierziger? Ist diese Generation ausgestorben? Oder sitzt sie genauso rückenschmerzengeplagt zu Hause, die Kinder sind zum Glück schon im Bett? – Mehr dazu bald. Alles etwas flach noch. Wird schon wieder.