ergeben eine merkwürdige, aber interessante Parallellektüre. Und weil ich kein Wissenschaftler bin, kann ich ja die verschiedensten Substanzen mischen, und mich dann am Farbenspiel freuen. Und gerade landeten halt diese Beiden Bücher: Stevens: Teile einer Welt (Jung und Jung) und Mühsam: Das seid ihr Hunde wert! auf meinem Schreibtisch. (Der ieigentlich kein Schreibtisch ist, sondern ein umfunktioniertes Hifi-Regal auf Rollen.)
Stevens ist ein Jahr jünger als der 1878 geborene Mühsam, literarisch verbindet sie wenig. Der Amerikaner scheit uns formal näher als der Deutsche, zumindest was die Lyrik betrifft. Vielleicht entsteht diese Wirkung daraus, dass die Tradition (auch die des Bänkelsangs) durch den Faschismus gründlich ausgerottet wurde, und die Tradition Sevens in Amerika kaum bedroht gewesen ist. Was die Lyrik betrifft, ist mir Mühsam also seltsam fremd, vor allem in seiner zuweilen starken Direktheit. Und seltsam fremd ist mir auch sein großes vertrauen auf den Endreim (wofür ich ihn letztlich auch beneide.) Ich muss mich an ihn herantasten. Vollkommen anders sieht es bei seiner Prosa aus. Hier finde ich Formulierungen, die mir näher nicht sein können. Schon der erste Text im gerade erschienen Mühsamlesebuch ist mir auf eine ebenso seltsame Art vertraut. Als träten hier lange verschüttete kulturelle Ablagerungen zu Tage.
- von Jan Kuhlbrodt
in Postkultur